SoVD-Polittalk mit der FDP Hamburg
Am 2. März 2025 wählt Hamburg eine neue Bürgerschaft. Doch wie stehen die Kandidierenden und ihre Parteien zur Sozialpolitik? Wir werfen einen Blick in die Wahlprogramme und beleuchten, wie die Weichen für die Zukunft gestellt werden könnten. Immer im Fokus: Soziale Gerechtigkeit, Teilhabe und Chancengleichheit.
Zu Gast ist Sami Musa, MdHB FDP. Im Gespräch mit SoVD-Landeschef Klaus Wicher nimmt der Stv. Fraktionsvorsitzende Stellung zu den drängenden sozialpolitischen Baustellen der Stadt Hamburg. Er zeigt auf, an welchen Stellschrauben er drehen möchte, um diese zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren und macht Vorschläge für eine soziale Politik, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Blick hat.
00:56 Stadtentwicklung/Wohnen
07:47 Arbeitsmarkt
14:20 Digitalisierung
15:54 Armut
17:32 Öffentliche Verwaltung
20:00 Senior:innen
22:07 Mobilität
SoVD-Polittalk mit der FDP Hamburg zum Lesen
SR: Susanne Rahlf
KW: Klaus Wicher
SM: Sami Musa
SR: Der SoVD-Polittalk zur Wahl. Klaus Wicher im Gespräch mit Hamburger Spitzenpolitiker:innen. Am 2. März wird die Bürgerschaft neu gewählt. In unserer Podcast-Reihe zur Wahl fragen wir nach: Wie wollt ihr in den kommenden Jahren die sozialen Problemlagen in der Stadt angehen? Ob Wohnungsnot, Armut oder Pflege – wir wollen Antworten. Sie wollen keine Folge verpassen. Dann abonnieren Sie uns auf den gängigen Podcast-Plattformen. Herzlich willkommen zu unserem Podcast zur Hamburger Bürgerschaftswahl. Heute zu Gast haben wir Sami Musa von der FDP. Sie sind auf Listenplatz drei und momentan in der Bürgerschaft als fraktionsloser Abgeordneter unterwegs. Herzlich willkommen, Herr Musa!
KW: Auch von meiner Seite herzlich willkommen! Ich freue mich, dass Sie heute zum SoVD gekommen sind.
SM: Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich.
00:56 Stadtentwicklung/Wohnen
SR: Wir starten mit dem Thema Wohnungsbau, Herr Musa. Wir haben eine große Wohnungsnot. Viele Menschen haben große Probleme, eine Wohnung zu finden. Welches Konzept hat die FDP, um dieses Problem anzugehen?
SM: Ich merke es tatsächlich in meinem eigenen Umkreis und auch bei vielen anderen, dass das Problem der Wohnungssuche sehr hoch ist. Das Problem dabei ist einerseits, dass sie nicht mehr bezahlbar sind, aber auch, dass es keine Möglichkeit mehr gibt, eine Wohnung zu finden. Das heißt, wir brauchen dringend mehr Wohnungen. Einerseits müssen wir dafür den Wohnungsbau deutlich steigern und das Bauen wieder attraktiver machen. Das heißt, die Bauvorschriften allgemein müssen entschlackt und vereinfacht werden.
KW: Es geht darum, die Bürokratie ein bisschen zurückzufahren. Das ist Ihre Konzeption. Welches sind die bürokratischen Hemmnisse, die man zurückfahren müsste?
SM: Gerade bei der Bürokratie sehen wir, dass es schon bei den Baugenehmigungen anfängt. Da kommen viele einzelne bürokratische Hürden auf, die ein Bauvorhaben, was schon mehrere Monate dauert, verzögert. Das sind Themen, wo wir sagen, die Bürokratie muss so schnell wie möglich gekürzt und vereinfacht werden. Das Bauen muss für den Bauträger am Ende attraktiv sein. Da fängt das bei der Wurzel an.
KW: Es muss irgendwie gewinnträchtig sein. In diesem Zusammenhang wird oft von den DIN-Normen gesprochen. Die DIN-Normen verteuern den Prozess und regeln Dinge, die eigentlich nicht geregelt werden müssen. Wie sehen Sie das? Ein Beispiel wäre die Trittschallschutz-Regelung in Einzel- und Mietshäusern. Muss die Regel überall gleich sein?
SM: Das kommt immer auf das Gebäude an sich an .Ich bin der Meinung, dass es nicht überall immer gleich sein muss. Deswegen ist diese Vereinfachung deutlich wichtiger für uns. Es sollte jedes Gebäude einzeln angeguckt werden: Ist es sinnvoll einen Trittschallschutz einzubauen oder nicht?
KW: Die DIN-Normen werden alle begutachtet: Die brauchen wir, die nicht. Dann kann ermittelt werden, ob es für diejenigen, die bauen wollen, einfach wird. Beim sozialen Wohnungsbau ist es so, da gibt es Zuschüsse, damit sich das überhaupt lohnt. Wie kriegen Sie das denn hier in Hamburg hin, dass es mehr Zuschüsse gibt, damit es mehr Sozialwohnungen gibt?
SM: Diese Zuschüsse sind eine Finanzierungsfrage. Wir müssen überlegen, wo wir die Gelder bekommen, um dort die Zuschüsse weiterhin zu finanzieren. Zurzeit wird über das Thema gesprochen, dass wir mehr Schulden aufnehmen und mehr Geld aufnehmen. Das größte finanzielle Problem, was wir in Hamburg haben, sind auch die Ausgaben. Wir müssen die Ausgabenpolitik richtig bewerten. Ich nehme da als Beispiel gerne das Kraftwerk Moorburg, welches vor mehreren Jahren angefangen wurde zu bauen - das modernste Kernkraftwerk Europas. Dann fangen wir an, das nach ein paar Jahren wieder abzureißen. Das sind Gelder, die rausgeschmissen werden. Wir haben aber auch Projekte, wie die Elbphilharmonie oder der Elbtower. Das sind Kosten, die dann berechnet werden, die dann auf das Zehnfache oder mehr hochgehen. Wenn man solche Kosten einspart, haben wir auch mehr Investitionsmöglichkeiten, gerade in solchen sozialen Projekten zu investieren.
KW: Sie gehen auf vergangene Investitionen ein. Da ist zu viel Geld ausgegeben worden und da hätten wir sparen können. Das nützt uns aber heute nichts. Wo würden Sie heute konkret sparen wollen, damit mehr finanzielle Möglichkeiten für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt werden.
SM: Da müssen wir schauen, was die wesentlichen Kostenfaktoren sind und wo die Gelder hin gehen. Das sind viele Bauprojekte in Prüfungen zum Beispiel. Egal welche Bauvorhaben wir haben, gehen so viele Gelder in Prüfungen allgemein rein, die dann am Ende gar nicht gebaut werden. Entbürokratisierung ist für mich auch ein Thema, das so viele Gelder schluckt. Hier können wir in einzelnen Bereichen deutlich sparen. So, das sind jetzt nur einige Beispiele, wo ich mir sage, wenn wir diese finanziellen Mittel in den Griff kriegen und dort einen richtigen Haushalt führen können, dann haben wir auch die Gelder zur Verfügung.
KW: Haben wir denn eigentlich genug Grundstücke in Hamburg? Hamburg ist begrenzt, um eine größere Zahl von Wohnungen überhaupt bauen zu können?
SM: Wir haben Grundstücke, da fängt das schon an, dass wir als Staat sagen, dass es diese freie Verfügbarkeit, auch an den Bauträger zu geben, ist deutlich schwieriger, fast unmöglich, die Grundstücke, die der Stadt gehören, jemanden anzubieten. Natürlich ist ein Stadtstaat eine attraktive Stadt. Jeder möchte hier wohnen und wir haben einen Wohnungsmangel. Das heißt, einerseits ist das der Weg, die staatlichen Flächen gehen schneller in die Wirtschaft, an die Bauträger ran, um denen das auch attraktiv zu machen und zu bauen. Andersherum dann auch die Möglichkeiten der Wohneinheiten müssen wir uns angucken. Es gibt bestimmt die eine oder andere Fläche, wo wir sagen, hier können wir immer noch ein Geschoss nach oben bauen oder halt noch eine Wohnung mehr bauen. Das läppert sich dann am Ende auch alles.
KW: Warum wird an der Grenze von Hamburg aufgehört zu bauen? Warum kann man nicht Verträge mit Niedersachsen Schleswig-Holstein beispielsweise machen?
SM: Finde ich einen guten Ansatz. Gespräche sollten wir immer führen allgemein, auch wenn es um den Verkehr geht. Wir müssen in den Gesprächen unter anderem, ich als Harburger mehr mit Niedersachsen, aber die meiste Grenze ist natürlich mit Schleswig-Holstein, das heißt auch dort mit den Regierungen zu führen und dort vereinbaren, wie kriegen wir das möglich hin? Andererseits dürfen wir auch nicht vergessen: Wir sind gerade in einer Situation, wo auch viele aus Hamburg gehen und dann, ob das jetzt Seevetal ist oder Buxtehude dort in familiären attraktiven Bereichen reingehen.
KW: Wenn die Menschen nicht mehr in Hamburg wohnen, zahlen sie in dem Bundesland Steuern. Das heißt, Hamburg geht da was verloren. Kann man das miteinander vereinbaren, dass das nicht zulasten eines Bundeslandes geht?
SM: Dafür müssen bundeslandübergreifende Verträge auf jeden Fall geschlossen werden. Andersrum können wir es schwer machen, wenn jemand in Niedersachsen wohnt, dann in Hamburg die Steuern zahlt. Das werden wir, denke ich, nicht hinkriegen. Wie gesagt, wir müssen das Wohnen hier in Hamburg attraktiver machen, damit wir die Bürger hier weiterhin an uns binden.
07:47 Arbeitsmarkt
KW: Es werden immer Fachkräfte gesucht und das geschieht auch in der Bauwirtschaft. Das geschieht in Handwerksbetrieben und in ähnlichen Betrieben. Auf der einen Seite wird gesucht, auf der anderen Seite haben wir 90.000 Arbeitslose in Hamburg. Das passt doch irgendwie nicht zusammen. Wie ist die Position der FDP? Wie schaffen wir das?
SM: Fachkräfte sind ein ganz wichtiges Thema. Ich selbst als Gastronom merke es, dass gerade in diesem Bereich einige fehlen. Nicht nur dort, auch gerade besonders im handwerklichen Bereich oder in der Pflege. Die größte Herausforderung: Wenn wir jetzt einerseits die Fachkräfte aus dem Ausland nehmen, haben wir tatsächlich wiederum das Thema Wohnungsbau. Wir haben zu wenig Wohnungen, wir haben einige Fachkräfte, die im Ausland hier an der Tür klingeln, mit allem fertig sind von der Arbeitserlaubnis, die keine attraktive Wohnung bekommen und dann sich in anderen Ländern, ob das jetzt London oder Paris ist, das ist erstmal irrelevant. Es geht darum, dass sie hier nicht zu uns können und uns in dem Bereich nicht unterstützen können. Wir müssen die Anerkennung dieser Fachkräfte der Qualifikation deutlich schneller angehen. Bei 90.000 Arbeitslosen muss uns eins klar sein: Das hat natürlich auch etwas mit dem Markt zu tun. Wir sind in einer Inflation, da wird die Wirtschaft nicht gut. Wir brauchen eine Wirtschaftswende, denn nur mit einer stabilen Wirtschaft haben wir die Möglichkeit, die Leute wieder in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Dort muss den Leuten unter die Arme gegriffen werden. Wir brauchen deutlich mehr Förderungsmöglichkeiten, um sie in den Arbeitsmarkt mit zu integrieren.
KW: Es gibt Fördermöglichkeiten, zum Beispiel das Teilhabechancengesetz, das heißt, mit Lohnkostenzuschüssen, den Arbeitsmarkt attraktiv zu machen. Trotzdem funktioniert das nicht so richtig. Wie könnten wir das verbessern?
SM: Es macht einen Unterschied, wenn einer gerade jetzt seit zwei, drei Monaten aus seinem Beruf rauskommt. Er findet deutlich schneller einen Weg wieder in den ersten Arbeitsmarkt als jemand, der, wie Sie es schon gesagt haben, 6 bis 7 Jahre raus ist. Ich meine, wir müssen uns dann auch an die Seite des Arbeitgebers versetzen, der sich das dann anguckt, wen er einstellen könnte. Dann ist das auch gleich ein negatives Bild auf seitens des Arbeitgebers, was gar nicht böse gemeint ist, aber es wird dann trotzdem weiterhin wieder eine andere Person gewählt, die schnell wieder einsteigen kann. Es geht auch um den Arbeitnehmern, dass dort die Möglichkeit geschaffen wird, sich überhaupt zu stabilisieren. Es wird schwierig, den Arbeitslosen jetzt direkt in eine 40 Stunden Woche reinzubringen.
KW: Was halten Sie denn von dieser Aussage, dass es sehr viele faule Arbeitslose gibt, die eigentlich gar nicht arbeiten wollen? Stimmen Sie dieser These zu?
SM: Dass es welche gibt, würde ich bestätigen. Das Wort sehr viele würde ich jetzt erst mal rausnehmen bei dieser Aussage, weil das kann ich jetzt nicht bestätigen. Ich glaube schon, dass die meisten Menschen, die dann zu Hause sitzen, eine Beschäftigung brauchen. Das ist menschlich so, wir sind nicht dafür geboren, dass wir jetzt den ganzen Tag vor der Couch sitzen und fernsehgucken. Wir wollen einen Nutzen haben, wir wollen irgendwas erschaffen. Das geht mit Projekten und mit Arbeit. Es kann auch eine soziale Arbeit sein. Das kann auch zum Beispiel der Platzwart beim Fußballverein sein und dort den Rasenmähen. Ich muss eine Beschäftigung haben. So was kann man zum Beispiel auch entlohnen. Zu sagen, hier bringen soziale Leistungen mit rein. Dafür unterstütze ich dich und gebe dir dort die Möglichkeit auch steuerfrei zum Beispiel was dazu zu verdienen. Das wäre ein erster Schritt. Allgemein brauchen wir auch steuerliche Vorteile, diese Menschen, um auch einen Anreiz zu schaffen.
KW: Die Stadt hat eine ganze Menge Möglichkeiten, solche Menschen zu beschäftigen. Ich denke zum Beispiel an Grünpflege, an die Friedhöfe, an Reinigungsmöglichkeiten und Ähnliches. Was könnte man da der Stadt eigentlich noch zutrauen, dass sie dort mehr tätig wird?
SM: Wir haben jetzt in unserem Wahlprogramm zum Beispiel mit drin, dass wir genau diese Arbeit, diese Gruppe von Menschen dazu verpflichtet wird, auch dort einen Beitrag in die soziale Leistung hier mit reinzubringen. Alles, was ich eben gerade erwähnt habe, Rasenmähen, Platzwart zu sein beim Fußballverein etc., das sind so die kleinsten sozialen Leistungen. Die ersten Schritte in den sozialen Leistungen, wo wir sagen: Hier, nimm daran teil. Wir sind eine Gesellschaft, wo wir uns gegenseitig unterstützen müssen. Da kannst du deine Unterstützung mit einbringen in die soziale Gesellschaft. Jeder hat seine eigenen Möglichkeiten.
KW: Wenn ich Sie richtig verstehe, sagen Sie, die Stadt muss hier eigentlich viel mehr aktiv werden. In den Bezirken, aber auch in den Behörden, die der Stadt sozusagen direkt unterstellt sind. Sehe ich das so richtig?
SM: Würde ich jetzt in meinen Namen auf jeden Fall erst mal zustimmen.
KW: Das ist aber nicht kostenfrei. Sie müssen da auch Geld in die Hand nehmen, wie überall.
SM: Arbeit muss immer entlohnt werden. In gerade solchen Bereichen bin ich der Meinung, dass wenn jemand eine Arbeit hat und das fängt vom Rasenmähen an, sollte er dafür entlohnt werden.
KW: Es gibt sogenannte Beschäftigungsgesellschaften, die bieten zum Beispiel an, Menschen, die allein zu Hause sind, zu besuchen oder zu helfen, Behördengänge zu machen oder für sie einzukaufen. Das ist eine der Möglichkeiten. Würden Sie begrüßen, dass wir den Bereich dieser Beschäftigungsgesellschaften stärker ausbauen?
SM: Es ist wichtig, dass wir, wie gesagt, diese Teilhabe bei den Leuten haben. Das ist ein Win-win- Effekt. Das heißt, einerseits beschäftigen wir die Leute, die diese Unterstützung bieten. Andersherum wird den Menschen auch wieder geholfen. Ist es für mich ein Win-win-Effekt.
14:20 Digitalisierung
KW: Die Stadt ist hier an verschiedenen Stellen gefordert, so aus Ihrer Sicht. Wenn Sie jetzt Regierungsverantwortung hätten, würden Sie das weiter voranbringen. Ein weiteres Thema ist Digitalisierung. Das steht ganz oben bei der FDP. Wo würden Sie da ansetzen, wenn Sie sagen, wir wollen die Digitalisierung voranbringen in der Stadt?
SM: Wir dürfen einerseits bei der Digitalisierung nicht vergessen, dass es sehr viele Menschen mit digitalen Einschränkungen oder Problematik gibt. Diese müssen definitiv gefördert werden. Das heißt, ich würde jetzt einfach schätzen, dass gerade ältere Menschen, die nicht damit aufgewachsen sind, es deutlich schwerer haben. Ich sehe es immer wieder bei Älteren, die meistens ihr Buch in die Hand nehmen und sagen: Ich bin da ein bisschen old school, ich schreib es mir lieber auf.
KW: Wie würden Sie die Menschen unterstützen?
SM: Förderungen und Schulungen müssen deutlich mehr ausgebaut und erweitert werden. Da sind wir in der Pflicht, weil die Veränderung der Gesellschaft deutlich eher in der Beschleunigung ist, als sie noch früher war. Das merken wir selbst. Das andere ist das Finanzielle, wo wir natürlich dann auch darüber überlegen, wie kriegen wir das überhaupt? Auch, dass jeder dort eine Möglichkeit hat. Da sagen wir, jeder muss Zugang zur digitalen Welt haben können. Das ist für uns ganz wichtig, weil es bringt nichts, wenn du es kannst, aber nicht einsetzen kannst. Dafür brauchst du digitale Endgeräte. Da stehen wir dahinter, dass jeder Zugang auf jeden Fall haben muss.
15:54 Armut
KW: Es betrifft so ein bisschen das Thema Armut. In Hamburg steigt die Armut deutlich an, das stellen wir fest als Verband. Wo können wir helfen? Eine Hilfe haben Sie benannt: Wenn es diese sogenannten digitalen Endgeräte, also Handys und Ähnliches, wenn das gebraucht wird, dann wird es zur Verfügung gestellt. Soziale Teilhabe ist gewährleistet, wenn man mobil ist, mobil heißt, ich muss mir den öffentlichen Nahverkehr zum Beispiel auch leisten können.Wir haben eine Menge bedürftiger Menschen. Unsere Position ist, bedürftigen Menschen, nicht allen,den ÖPNV kostenfrei anzubieten. Wäre auch ein Beitrag, um den Klimaschutz sozusagen voranzubringen. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
SM: Wir haben jetzt zum Beispiel das Deutschlandticket.
KW: Das wird nächstes Jahr teurer.
SM: Richtig, das wird jetzt teuer, dass wir zum Beispiel sagen können, dass mindestens die Haltung des Deutschlandtickets für 49 Euro für bestimmte sozial schwächere Gruppen, ob das jetzt Rentner oder Arbeitslose sind etc. weiß nicht, dass wir sagen in diesem Bereich kriegen die das weiterhin für 49 Euro. Ich persönlich würde sogar sagen, wir könnten es noch reduzieren, sogar zu sagen, es sollte trotzdem einen minimalen oder kleinen Anteil auf jeden Fall in Eigenleistung reingehen.
17:32 Öffentliche Verwaltung
KW: Gucken wir uns die Digitalisierung an, da wird immer darüber gesprochen, dass wir entbürokratisieren müssen, damit wir uns das vorstellen können. Was bedeutet das? Digitalisierung einzusetzen, um die Bereiche, die die Stadt zur Verfügung stellt, auch zu entbürokratisieren?
SM: Es geht um jeden einzelnen Antrag. Wir sind jetzt schon teils dabei, dass wir online Anträge stellen können. Eigentlich muss es möglich sein, dass ich meinen Personalausweis zum Beispiel online verlängern kann, dass ich nicht einmal vor Ort hingehen muss, sondern theoretisch alles über den digitalen Weg ablaufen kann. Diese Wege müssen möglich gemacht werden und das in jedem einzelnen Bereich. Der Weg in die Behörde muss so wenig wie möglich gefordert werden. Dass man sagt, dadurch lösen wir das Problem erstmal der ganzen Behörden, die total überlastet sind, egal in welchem Bereich. Wir haben deutlich zu wenig Personal dort vor Ort. Damit würden wir sie entlasten.
KW: Was ist mit den Menschen, die das nicht können oder vielleicht auch nicht wollen? Würden Sie denn dafür sein, dass man neben der Digitalisierung auch noch die persönlichen Kontakt fördert?
SM: Wir haben das System. Wenn Sie jetzt zum Beispiel beim Einwohnermeldeamt sich einen Termin nehmen, dann ist es schon schwierig zu sagen hier, ich bin jetzt vor Ort, ich kann das nicht. Das Gesetz sagt, dass man auch vor Ort trotzdem noch die Bürger annehmen muss. Mir fällt immer wieder auf, dass gerade dann meistens die Abteilungen vor Ort oder die Menschen in den Behörden sagen: Nee, das ist nicht möglich. Sie müssen das online machen. Da ist die Kommunikation etwas schwierig.
KW: Sie würden das begrüßen, wenn das vor Ort noch bliebe. Ist das so?
SM: Es ist erst mal noch wichtig, dass es bleibt, weil es, wie Sie schon sagen, viele Menschen gibt, die es nicht können. Es gibt Menschen, die keine E-Mail Adresse haben. Damit kommst du heutzutage gar nicht mehr wirklich voran.
KW: Es gibt die Menschen und dann sind sie denn ausgeschlossen von staatlichen Leistungen?
SM: Das dürfen sie nicht sein. Deswegen müssen die Ausnahmefälle weiterhin bestehen bleiben. Wir müssen den digitalen Weg fördern. Ich meine, egal welche Entscheidung wir in der Politik treffen, es geht immer um die Zukunft. Wo wollen wir hin? Dieses Problem wird für die aktuelle Gesellschaft noch bestehen bleiben. Es sollte auch einen Weg geben, dass dieses nicht mehr beansprucht wird.
20:00 Senior:innen
KW: Es wird viel von der seniorengerechten Stadt im Moment gesprochen. Die Stadt oder die Bevölkerung in der Stadt wird tendenziell älter. Was ist denn aus Ihrer Sicht notwendig, um diesem Umstand gerecht zu werden?
SM: Unter anderem ist der Verkehr dort auch ein wichtiges Thema. Wir werden immer als Autofahrer Partei gehandelt. Das sehe ich nicht so, wir sind eine Partei, die jeden Verkehrsbereich mit unterstützt. Ob es jetzt Fußgänger, Barrierefreiheit für Fußgänger etc. geht. Andersherum auch für Parken. Senioren sollten die Möglichkeit haben, vor einem Einkaufszentrum oder einer ärztlichen Praxis ihren Parkbereich festzuhalten.
KW: Wenn Sie das machen, müssen Sie den Menschen irgendeinen Ausweis oder Ähnliches geben und sagen: Du bist meinetwegen über 60 oder 65, darfst da frei parken. Das erhöht doch eigentlich die Bürokratie.
SM: Wir haben auch solche Gesetze, zum Beispiel wie wir mit den E-Autos haben, dass man zum Beispiel als E-Autofahrer kostenfrei zwei Stunden parken darf. So was sollte grundsätzlich Regelfall sein, also nicht mit neuen Bürokratien.
KW: Wenn ich als älterer Mensch irgendwo kostenfrei parken sollte, dann muss das ausgewiesen werden. Das ist bei E-Autos auch, dass es auf dem Nummernschild mit drauf ist. Wenn ich das mache, brauche ich doch einen extra Ausweis, muss das auch belegen können.
SM: Wenn Sie Ihren Rentenausweis zum Beispiel nehmen, den kriegen Sie automatisch. Ist jetzt erst mal eine Idee, die mir jetzt spontan zum Beispiel dazu einfällt.
KW: Ist nicht ganz einfach, weil da kein Lichtbild drauf ist. Das kann man dann nicht auf den Menschen, der das Auto fährt, beziehen, könnte jeder machen. Ich könnte meinen Ausweis an sie verliehen.
SM: Sowas ist natürlich nicht erlaubt, dass sie das dann nutzen und das ist dann eine rechtliche Frage.
22:07 Mobilität
KW: Feststellen können sie das nicht. Wenn sie vorbeigehen, liegt das da drin und damit ist es erlaubt. Zur seniorengerechten Stadt gehört natürlich auch die Lösung von Verkehrsproblemen. Da haben Sie recht. Wichtiger Bereich ist ÖPNV. Da wird oft beklagt, dass das nicht flexibel genug ist. Wenn ich in Harburg wohne oder in Bergedorf, dann bin ich weit weg von den zentralen Verkehrswegen. Wie kann man das unter Umständen lösen?
SM: Wir haben zum Beispiel das Thema der Elbquerung. Dafür setzen wir uns zum Beispiel mehr ein. Das heißt, jemand, der in Neugraben wohnt, da auch deutlich schneller die Möglichkeit hat, zum Beispiel auch mal nach Altona oder Blankenese zu kommen oder andere Wege und nicht einmal.
KW: Wie machen Sie das?
SM: Wir sind dafür, dass die S-Bahn deutlich verlängert wird. Einmal die Anbindung. Ich finde es wichtig, dass man zum Beispiel an so Randgebieten wie Harburg dann auch die Verbindung zu den niedersächsischen Gebieten deutlich ausbaut, aber auch die Elbquerung zum Beispiel. Wir müssen den ÖPNV deutlich mehr ausbauen, auch barrierefrei machen. Das ist natürlich auch ein wichtiger Punkt.
KW: Barrierefrei wird oft so in den Raum gestellt. Jemand, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, da weiß man, brauche ich den Fahrstuhl, wenn ich auf den Bahnsteig kommen will. Es gibt auch noch andere Behinderungsarten. Wie würden Sie denn das sozusagen organisieren, dass die Menschen mit unterschiedlichen Behinderungsarten barrierefrei in die Bahn kommen?
SM: Es gibt viele verschiedene Bereiche. Ich konzentriere mich mehr auf den rollstuhlgerechten Umbau. Dadurch, dass ich selber Kleinkinder habe, merke ich, wie problematisch es ist, wenn man mit einem Kinderwagen unterwegs ist. Schwieriger ist es für eine Person im Rollstuhl. Im Harburger Bahnhof, wo ich über zehn Jahre gemerkt habe, dass der Fahrstuhl dort fast nicht funktioniert, ist dann immer wieder ein Problem, wo man mit zwei Mann, einer vorne, hinten, das immer nach oben tragen muss. Das kann nicht der Zustand sein, das hat etwas mit dem Bau zu tun. Da ist der Staat deutlich verpflichtet, deutlich schneller den Umbau zu fördern. Wenn wir uns den ganzen Verkehr angucken, wir über Verkehr gesprochen und die ganzen Baustellen auf der Straße, ist es eine katastrophale Koordination. Ich werde immer wieder gefragt, wie kann es sein, dass wir Tausende von Baustellen haben, keine davon wirklich umgesetzt werden soll? Das heißt, man sollte sich auf einzelne Projekte erst mal abschließen, bevor man ein neues wieder anfängt. Das sind so die Problematiken. Wenn wir jetzt mit der Bahn fahren, zum Beispiel Blinde, haben wir auch diese audiovisuellen Anlagen, wie an den Ampeln. So was in der Art zum Beispiel muss man dann auch unterstützen.
SR: Herr Musa, vielen Dank. Wir haben über viele Themen gesprochen, über Wohnen, Mobilität, Digitalisierung, Arbeit. Es gibt viele interessante Statements von Ihnen. Vielen Dank, dass Sie da waren und uns davon erzählt haben.
KW: Auch herzlichen Dank von meiner Seite.
SM: Vielen Dank!
SR: Das war der SoVD-Polittalk zur Wahl. Der Podcast des SoVD Hamburg. Abonnieren Sie uns auf den gängigen Podcast-Plattformen. Über eine gute Bewertung würden wir uns freuen. Oder schicken Sie uns Ihr Feedback an info@sovd-hh.de. Wir freuen uns, wenn Sie auch das nächste Mal wieder reinhören. Bis dahin halten wir Sie über unsere Social Media Kanäle auf dem Laufenden oder besuchen Sie unsere Webseite sovd-hh.de.