SoVD-Polittalk mit der CDU Hamburg
Am 2. März 2025 wählt Hamburg eine neue Bürgerschaft. Doch wie stehen die Kandidierenden und ihre Parteien zur Sozialpolitik? Wir werfen einen Blick in die Wahlprogramme und beleuchten, wie die Weichen für die Zukunft gestellt werden könnten. Immer im Fokus: Soziale Gerechtigkeit, Teilhabe und Chancengleichheit.
Zu Gast ist Dennis Thering, MdHB CDU. Im Gespräch mit SoVD-Landeschef Klaus Wicher nimmt der Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende Stellung zu den drängenden sozialpolitischen Baustellen der Stadt Hamburg. Er zeigt auf, an welchen Stellschrauben er drehen möchte, um diese zu beseitigen oder zumindest zu reduzieren und macht Vorschläge für eine soziale Politik, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Blick hat.
00:44 Stadtentwicklung/Wohnen
07:03 Arbeitsmarkt
15:23 Senior:innen
18:11 Pflege
22:03 Gesundheit
25:32 Öffentliche Verwaltung
SoVD-Polittalk mit der CDU Hamburg zum Lesen
SR: Susanne Rahlf
KW: Klaus Wicher
DT: Dennis Thering
SR: Der SoVD-Polittalk zur Wahl. Klaus Wicher im Gespräch mit Hamburger Spitzenpolitiker:innen. Am 2. März wird die Bürgerschaft neu gewählt. In unserer Podcast-Reihe zur Wahl fragen wir nach: Wie wollt ihr in den kommenden Jahren die sozialen Problemlagen in der Stadt angehen? Ob Wohnungsnot, Armut oder Pflege – wir wollen Antworten. Sie wollen keine Folge verpassen. Dann abonnieren Sie uns auf den gängigen Podcast-Plattformen. Herzlich willkommen zu unserem SoVD-Polittalk zur Hamburger Bürgerschaftswahl. Mein Name ist Susanne Rahlf.
KW: Mein Name ist Klaus Wicher. Ich bin Landesvorsitzender des SoVD in Hamburg.
00:44 Stadtentwicklung/Wohnen
SR: Heute zu Gast ist Dennis Thering. Er ist der Vorsitzende der CDU Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft. Herzlich willkommen, Herr Thering. Wir starten mit den großen sozialpolitischen Fragen, die Hamburg gerade beschäftigen. Dazu gehört natürlich als allererstes der Wohnungsbau in Hamburg. Wir haben eine Wohnungsnot in der Stadt. Was möchte die CDU dazu in den kommenden Jahren machen oder verändern?
DT: Die Wohnungsnot verschärft sich immer weiter. Wir sehen, dass bezahlbarer Wohnraum in unserer Stadt fehlt und dass der Wohnungsbau in den letzten Monaten zum Erliegen gekommen ist. Es werden kaum noch Wohnungen gebaut. Das muss sich ändern. Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern, um so Baukosten zu senken. Wir müssen dafür sorgen, dass die Stadt wieder Grundstücke zur Verfügung stellt, damit zum Beispiel Genossenschaften bauen können. Wir müssen gucken, dass wir in die Höhe bauen, dass wir Bauen insgesamt günstiger machen und dass wir die Auflagen reduzieren. Alles, was Bauen günstiger machen wird, sodass wieder Wohnungen gebaut werden, wird dazu führen, dass zwangsläufig die Mieten nicht mehr so stark steigen, wie es zurzeit der Fall ist.
KW: Wir wollen den Menschen hier in Hamburg sagen, wo gebaut wird. Welche Ideen haben Sie da?
DT: Für uns als CDU ist es wichtig, dass wir an den Magistralen bauen, an den großen Hauptverkehrsstraßen, weil da noch Potenziale sind aus unserer Sicht. Wir wollen vor allem Baulücken schließen und bei Neubauten mehr in die Höhe bauen, weil wir der Meinung sind, dass wir weniger versiegeln sollen. Gerade mit Blick auf das Thema Klimaschutz. Wir sollten weniger in die Breite bauen, sondern dann tendenziell eher in die Höhe. Wir brauchen deutlich mehr Sozialwohnungen. Da sind wir uns wahrscheinlich einig.
KW: Die Frage ist, wie wir mehr Sozialwohnungen bauen. Im Moment werden weder Sozialwohnungen noch andere Wohnungen gebaut. In größerem Umfang zumindest. Welche Ideen haben Sie, um das richtig anzukurbeln?
DT: Der Senat hat die Situation verschärft, indem er die Grunderwerbsteuer erhöht hat, indem er keine städtischen Grundstücke mehr verkauft und eine 100-jährige Mietpreisbindung eingeführt hat. All das führt dazu, dass in Hamburg kaum noch gebaut wird.
KW: Das sind aber nicht die wesentlichen Hemmnisse. Die wesentlichen Hemmnisse liegen nach unserer Auffassung woanders.
DT: Das sind die Themen, die die Politik ändern kann. Andere Hemmnisse sind unter anderem: hohe Baukosten und Zinsen. Da hat die Politik nur mittelbar Einfluss drauf. Unmittelbar Einfluss hat die Politik und der Senat auf die Themen, die ich gerade angesprochen habe. Wir müssen die Baukosten reduzieren. Als CDU haben wir vorgeschlagen, dass wir die Mehrwertsteuer auf Baukosten reduzieren. Das wird insgesamt Bauen günstiger machen. Wir müssen jetzt endlich eine Wende am Wohnungsmarkt herbeiführen. Hier wird aktuell deutlich zu wenig gebaut.
KW: Die Bürokratiekosten sind ein Thema, was die Hamburger Politik in den Griff nehmen kann. Welche Vorstellungen haben Sie dort?
DT: Bürokratie und Überregulierung müssen wir deutlich abbauen. Wir müssen gucken, dass wir nur noch die notwendigen Vorgaben machen. Wenn wir ein Einfamilienhaus bauen, müssen wir uns die Frage stellen: Brauchen wir noch so viel Schallschutz wie in der Mietwohnung? Das ist ein ganz großer Punkt, und wir müssen insgesamt gucken, wie wir bauen wollen. Es gibt die Möglichkeit des seriellen Bauens. Das macht das Bauen schneller und günstiger. Darüber müssen wir uns Gedanken machen. Das werden wir als CDU jetzt mit unserem Wahlprogramm machen. Da werden wir klar aufzeigen, wie wir das Bauen günstiger machen wollen.
KW: Ein Problem ist die Klimaneutralität bis 2045. Das wollen wir erreichen. Wir müssen bis dahin für die Dämmung und das Vorbereiten der Altgebäude bis 2045 eine Menge Geld reinstecken, was dann beim Neubau fehlt. Wie wollen Sie das angehen?
DT: Natürlich ist Klimaschutz ein ganz großer Bestandteil und sehr wichtig. Wir sehen das in vielen Bereichen nur noch mit extrem hohem Kostenaufwand. Dann müssen wir uns fragen: Steht das noch in einem Verhältnis? Wir sanieren aufwändig und teuer, aber am Ende kann sich keiner diese Wohnung mehr leisten? Deshalb sagen wir als CDU, dass wir nur noch das Notwendige machen und alles, was on top kommt, dann erst mal aussetzen. Es hilft nichts, wenn wir top sanierte, klimaneutrale Wohnungen haben, die sich am Ende in unserer Stadt keiner mehr leisten kann.
KW: Die Klimaneutralität ist doch ein wichtiger Punkt. Wir sehen, dass immer mehr Stürme und Überschwemmungen vorkommen. Das verursacht hohe Kosten.
DT: Wir wissen, dass der Klimaschutz eines der größten Herausforderungen unserer Zukunft ist. Klimaschutz muss sich jeder leisten können. Wenn wir sehen, dass 43 Prozent der Alleinerziehenden armutsgefährdet sind, dann müssen wir uns überlegen: Welche Höhe an Mieten können wir uns noch leisten?Es muss alles im Verhältnis stehen. Klimaschutz ist extrem wichtig, darf aber nicht dazu führen, dass sich am Ende das Wohnen in Hamburg keiner mehr leisten kann.
KW: Im Bereich Wohnungsbau gucken wir uns die Magistralen an. Da sind viele Menschen in Sorge, dass da Haus an Haus gebaut wird. Alles sehr hoch und viele Sozialwohnungen. Welche Ideen haben Sie da, um die Magistralen zu bebauen?
DT: Wir wollen die Magistralen bebauen, damit wir die Grünflächen zur Naherholung zur Verfügung halten. Es bringt nichts, wenn wir jede Grünfläche, jeden Park bebauen und wir dann Wohnungen haben, aber niemand mehr die Möglichkeit hat, sich zu erholen. Deshalb wollen wir an die Magistralen ran. Wir wollen da tatsächlich punktuell höher und mehr Sozialwohnungen bauen. Wir wollen aber auch weiterhin den Drittelmix, also frei finanzierte Wohnungen. Eigentumswohnungen halten wir in der Stadt wie Hamburg für wichtig, weil es immer noch viele Leute gibt, die den Traum vom Eigenheim haben. Den wollen wir unterstützen. Unterm Strich sagen wir: Lasst uns gucken, dass wir punktuell höher und an den Magistralen bauen, damit wir Parkflächen und alles, was zu einer Erholung dient, weiter freihalten können. Wir brauchen weiterhin Sportflächen. All das gehört dazu.
07:03 Arbeitsmarkt
KW: Wir haben im Moment Arbeitslosenzahlen auf Rekordniveau und die Experten, die sich damit auskennen und darüber diskutieren, sagen, dass es noch mehr Menschen werden. Was ist Ihre Idee? Wie kriegen wir die Menschen in Arbeit? Vor allen Dingen die, die schon sehr lange arbeitslos sind.
DT: Wir müssen jetzt die Wirtschaft wieder zum Laufen bekommen. Wir sehen, dass Deutschland im europäischen Vergleich hinterherhinkt. Dabei haben wir eine gute Voraussetzung. Wir müssen wieder Anreize setzen und gucken, dass die Unternehmen wieder erfolgreich sind. Da gibt es sicherlich viele Möglichkeiten. Dann müssen wir gucken, dass wir die hohe Zahl derer, die aktuell arbeitslos sind, senken. Wir sehen, dass wir einen hohen Fachkräftemangel haben. Der Anreiz muss größer sein, arbeiten zu gehen als nicht arbeiten zu lassen.
KW: Punkt Wirtschaftsförderung: Wie würden Sie das speziell für den Hamburger Wirtschaftsstandort machen?
DT: Es geht schon mal los, dass der Hamburger Hafen im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähig ist. Wir sehen, dass der Hamburger Hafen deutlich zu teuer und zu langsam ist im Vergleich zu anderen Häfen. Beim Abfertigen und Entladen der Schiffe müssen wir deutlich schneller werden. Wir müssen attraktiver und digitaler werden. Wir müssen vor allem die Infrastruktur, wie Brücken, Straßen und Kaimauern, instand halten. Das ist in den letzten Jahrzehnten leider viel zu wenig der Fall gewesen. Dann wird der Hafen auch eine Zukunft haben. Ich werde nicht in den Abgesang des Hamburger Hafens einstimmen, so wie es einige Mitkonkurrenten tun.
KW: Ein großer Betreiber im Hafen ist die Hamburger Hafen Lagerhaus AG und da gibt es einen Streitpunkt: Eine große Reederei will dort einsteigen. Wie ist da Ihre Position?
DT: Wir sind da als CDU sehr klar und sehen das genauso wie die Experten aus dem Hamburger Hafen, wie die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer. Dieser Deal mit MSC und der HHLA ist ein schlechter Deal für Hamburg. Da haben Peter Tschentscher und seine SPD den Hamburgern einen Bärendienst erwiesen. Wir hätten das so nicht gemacht. Wir haben in der Bürgerschaft gegen diesen Deal gestimmt. Dass internationale Expertise eingeholt wird, ist völlig in Ordnung, aber das Konstrukt, was die SPD hier gewählt hat, mit einem viel zu günstigen Kaufpreis mit hohen Vetorechte für MSC, das wird am Ende des Tages dem Hafen nicht guttun. Da sind die Interessen von MSC und der Stadt Hamburg deutlich unterschiedlich. Ich hoffe jetzt auf die EU-Kommission, die das ganze vielleicht noch verhindern kann. Unterm Strich ist es ein schlechter Deal für Hamburg und das werden wir nicht heute, aber wahrscheinlich dann in 5, 10 oder 15 Jahren bitter zu spüren bekommen.
KW: Das, was Sie sagen, schränkt Ihre Koalitionsmöglichkeiten ein. Der jetzige Senat will das und sagt, wir halten daran fest, weil da mehr Ladung nach Hamburg kommt. Das ist ein Argument, was wir nicht so einfach wegwischen können. Welche Möglichkeiten haben Sie denn, Regierungsverantwortung in Hamburg zu übernehmen?
DT: Ich werde das jetzt nicht am Thema MSC und HHLA festmachen. Die Schlacht ist geschlagen, da haben SPD und Grüne dafür gestimmt, die restliche Opposition dagegen. Klar ist für uns als CDU eine Zusammenarbeit mit BSW, Linke und AfD schließen wir kategorisch aus und von daher sind wir klar. Eine CDU muss immer mit FDP, Grünen und der SPD koalieren können. Die FDP spielt in Hamburg keine Rolle, und wird das perspektivisch auch nicht tun. Daher wird es am Ende des Tages auf eine Koalition mit SPD oder Grüne hinauslaufen. Klar ist aber, dass die Schnittmengen mit der CDU zur SPD deutlich größer sind als zu den Grünen. Aus heutiger Sicht ist eine Koalition mit den Grünen schwer vorstellbar. Wir werden nicht denselben Fehler machen und uns auf einen Koalitionspartner festlegen, so wie es Peter Tschentscher gemacht hat. Wir werden keine Koalitionsaussagen machen.
KW: Ein großes Thema ist der sozialer Arbeitsmarkt. Wie stehen Sie dazu und welche Möglichkeiten sehen Sie, Menschen zunächst in Beschäftigung zu bringen und dann vielleicht auch auf den ersten Arbeitsmarkt?
DT: Wir müssen alles tun, um die Menschen über den sozialen Arbeitsmarkt dann auf den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Viele sprechen immer von Fachkräftemangel. Wir haben insgesamt einen Arbeitskräftemangel. Ob im Handwerk, in der Gastronomie oder in der Hotellerie – im ganzen Dienstleistungsbereich fehlen viele Menschen, die mit anpacken können, die dafür sorgen, dass wir den Laden am Laufen halten. Wir sind als CDU da für alle Ideen und Anregungen offen, die dazu führen, möglichst viele Menschen perspektivisch wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen.
KW: Was läuft bei der Arbeitsagentur, bei den Jobcentern falsch? Was würden Sie anders machen, wenn Sie hier in Hamburg Regierungsverantwortung übernehmen?
DT: Wir müssen das Hindernis, wieder in Arbeit einzusteigen, deutlich reduzieren. Ich glaube, dass es vielen Leuten, die arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig sind, noch zu leicht gemacht wird, nicht arbeiten zu gehen. Es gibt immer Menschen, die nicht arbeiten gehen können aus gesundheitlichen Gründen. Die Menschen brauchen unsere Unterstützung. Die Leute, die sich verweigern, müssen dann mit Konsequenzen, auch mit härteren Konsequenzen leben. Wir müssen gucken, dass wir die Jobcenter, die insgesamt eine gute Arbeit machen, noch leistungsfähiger machen, dass wir sie noch schneller machen. Da gibt es sicherlich Verbesserungspotenzial, gar keine Frage. Wir müssen die Arbeitshindernisse abschaffen und müssen dafür sorgen, dass jeder, der arbeiten kann, auch arbeiten geht und sich nicht in das System rutscht oder sich im System ausruht, sondern die Hilfe bekommt, die er braucht.
KW: Da wird immer von 3 Prozent geredet. Ich finde, dass wir die kleine Zahl nicht in den Vordergrund stellen dürfen, sondern wir müssen gucken, was wir mit den 97 Prozent machen, die tatsächlich arbeiten wollen, aber zum Teil gar keine Arbeit kriegen? Im Moment sehen wir doch, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. Wie kriegen Sie die in Arbeit, wenn die Unternehmen selbst diese Menschen gar nicht mehr aufnehmen?
DT: Punktuell werden Arbeitsplätze abgebaut. Wir haben insgesamt immer noch viele offene Stellen. Ob in der Ausbildung oder insgesamt im Arbeitsmarkt. Jeder, der arbeiten will, hat eine gute Chance, in den Arbeitsmarkt zu kommen. Es gibt immer Herausforderung, denen wir begegnen müssen. Da sehe ich die Arbeitsagentur in der Pflicht, mit Anreizen für die Unternehmen zu arbeiten und Menschen aufzunehmen, die vielleicht länger nicht im ersten Arbeitsmarkt waren. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Arbeitsagentur oder der Jobcenter und des Arbeitnehmers, sondern des Arbeitgebers, sich dafür offen zu zeigen, neue Wege zu gehen. So wie ich das aktuell erlebe, sind viele Arbeitgeber sehr happy über jede Arbeitskraft und da müssen wir gucken, dass wir das Ganze unterm Strich noch besser matchen.
KW: Und matchen ist sozusagen eines der zentralen Themen dabei. Es gibt noch ein anderes für diejenigen, die das nicht so schnell auf den ersten Arbeitsmarkt schaffen. Wenn wir ehrlich sind, wird es eine Menge Menschen geben, die es gar nicht schaffen. Das ist ja die Erfahrung aus der Vergangenheit. Es gibt Beschäftigungsgesellschaften. Wir würden gerne wissen: Wie stehen Sie zu den Beschäftigungsgesellschaften als Möglichkeiten, die Menschen in Arbeit in eine Beschäftigung zu bringen?
DT: Alles, was dazu beiträgt, Menschen aus der Arbeitslosigkeit in die Arbeit zu bekommen, ob es jetzt der erste oder zweite Arbeitsmarkt ist, ist da erst mal sekundär. Wir müssen gucken, dass wir Menschen in Arbeit bekommen. Gerade in der jetzigen Situation. Alles, was dazu beiträgt, ist herzlich willkommen.
KW: Die Beschäftigungsgesellschaften kranken daran, dass der Overhead, also die Basisfinanzierung, nicht geleistet wird. Das müssen sie selbst verdienen. Das ist aber mit den Menschen, die dort beschäftigt sind, schwer möglich. Wir sehen, dass es eine Reihe von Beschäftigungsgesellschaften in Hamburg gibt, die genau damit Schwierigkeiten haben. Wären Sie denn bereit, den Beschäftigungsgesellschaften an dieser Stelle mehr zu helfen?
DT: Da müssen wir mithelfen, weil gerade diese Beschäftigungsgesellschaften der erste Schritt wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt sind. Da, wo wir sehen, dass eine Unterfinanzierung besteht, müssen wir uns Gedanken machen und schauen, dass die am Markt bleiben. Es kann nicht sein, nur weil mit dem, was sie betreiben, kein Geld verdienen, sie den Arbeitsmarkt dann verlassen.
15:23 Senior:innen
KW: Die Bevölkerung in Hamburg wird älter und wir haben jetzt schon eine hohe Altersarmut in Hamburg, die richtig deutlich ansteigt. Die Frage ist, wie würden Sie sich diesem Problem stellen?
DT: 32.000 Menschen über 65 Jahren beziehen hier bei uns in Hamburg Grundsicherung, weil die Rente zu gering ist. Ich finde, wer sein Leben lang gearbeitet hat, darf nicht von Grundsicherung abhängig sein. Das ist insgesamt ein Problem, was wir weniger in Hamburg, sondern auf Bundesebene lösen können, dass Renten dann auskömmlich sind, gerade dann bei Alleinstehenden, das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt. Wir müssen insgesamt mehr für Menschen im Alter tun. Wenn ich mir anschaue, dass die Stadt Hamburg jetzt nach vielen Jahren endlich ein kostenloses Deutschlandticket für die Schüler eingeführt hat und Studenten auch kostenlos fahren, finde ich es ungerecht, dass die Senioren hier weiter den vollen Preis zahlen müssen. Deshalb fordern wir als CDU ein Seniorenticket einzuführen für 29 Euro, das heißt etwas unter einem Euro pro Tag. Dafür setzen wir uns ein, und das wollen wir nach der Bürgerschaftswahl für Hamburg realisieren.
KW: Da werden jetzt einige aufmerksam zugehört haben. Könnte Hamburg nicht die Grundsicherung aus eigenen Mitteln erhöhen für die Menschen, denen es da nicht gut geht?
DT: Pauschal ist das natürlich immer schwierig. Theoretisch könnte Hamburg das tun. Das ist rechtlich durchaus möglich. Wir müssen uns dann jeden Einzelfall angucken. Das ist kein Thema, das wir in Hamburg isoliert betrachten müssen. Wir brauchen einen größeren Wurf, weil es auch andere Bundesländer betrifft. Ich sehe da den Bund in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Menschen, die am Ende ihrer Arbeitszeit viel geleistet haben, dann von ihrer Rente leben können.
KW: Eine Diskussion sind die Seniorenzentren. In München gibt es 33 solcher Zentren. Könnte Hamburg auch eine solche ähnliche Infrastruktur aufbauen?
DT: Wir können einiges von Bayern lernen, unter anderem die Seniorenzentren.
KW: München wird sozialdemokratisch regiert und zwar schon seit langer Zeit.
DT: Das ist richtig. Es gibt viel Geld vom Land, das mit organisiert. Hamburg wird auch sozialdemokratisch regiert, seit langer Zeit und da funktioniert es nicht. Deshalb ist es unser Wunsch als CDU, genau solche Seniorenzentren einzurichten. Mindestens ein Seniorenzentrum pro Bezirk in größeren Bezirken, wie zum Beispiel in Wandsbek, die sehr weitläufig sind, können gerne mehr sein. Seniorenzentrum erleichtert den älteren Menschen nicht nur das Leben, sondern bietet einen Beitrag, das Thema Alterseinsamkeit anzugehen. Gerade bei alleinstehenden Senioren, die vielleicht keine Familie mehr haben, nicht so einen großen Freundeskreis haben, ist das eine gute Möglichkeit, dem Thema Alterseinsamkeit zu begegnen, was eine große Herausforderung hier bei uns in Hamburg ist. Daher werden wir uns auch für die Einrichtung von Seniorenzentren in allen sieben Bezirken einsetzen.
18:11 Pflege
KW: Das Thema Pflege ist ein Thema, dem wir uns zuwenden müssen. Die Pflegekasse wird dieses Jahr etwa 1,4 Milliarden Defizit einfahren, nächstes Jahr wahrscheinlich deutlich über drei Milliarden. Die Frage ist, wie kann es geleistet werden, dass der Pflegenotstand, also zu wenig Pflegekräfte, dort hineinkommen bei diesen Defiziten. Der zweite Punkt ist die Zuzahlung: Wenn wir in eine Pflegeeinrichtung gehen, wird es immer höher und immer mehr Pflegebedürftige können sich das nicht leisten.
DT: Wir brauchen einen Pflegepakt für Hamburg, wo wir alle Akteure an einen Tisch setzen und überlegen, wie Pflege insgesamt für die, die gepflegt werden und die Angehörigen deutlich günstiger wird. Pflege darf kein Luxusprodukt sein. Wenn ich heute sehe, dass wir zum Teil 3.000 Euro Eigenbeitrag haben, dann ist das nicht mehr zu finanzieren. So kann es nicht weitergehen. Schleswig Holstein übernimmt zum Beispiel die Investitionskosten, die in vielen Häusern 20 Euro und teurer pro Tag sind. Das wäre eine deutliche Entlastung für die, die in Pflegeeinrichtungen wohnen und auch deren Angehörigen. So was kann ich mir für Hamburg sehr gut vorstellen, um die Pflege insgesamt günstiger zu machen. Dann haben wir natürlich eine große Herausforderung, was den Fachkräftemangel in Pflegeeinrichtungen angeht. Deshalb glaube ich, es ist wichtig, dass wir mehr Wertschätzung, mehr Respekt, dass wir die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte deutlich verbessern. Wir müssen gucken, wie wir insgesamt mehr Menschen in das System Pflege reinbekommen. Da gibt es verschiedene Überlegungen, auch in der verkürzten Pflegeausbildung für Pflegehelfer, zum Beispiel eine 1-jährige Ausbildung. Das kann sicherlich dazu beitragen, dass wir die Menschen schneller in Arbeit bekommen. Die größte Herausforderung in der Pflege ist zurzeit tatsächlich der hohe Fachkräftemangel.
KW: Sie sprechen Dinge an, die richtig Geld kosten. Gleichzeitig fährt die Pflegeversicherung Defizite ein. Entweder erhöhen Sie die Beiträge oder aber sie bringen zumindest in die Diskussion, dass die Schuldenbremse vielleicht ausgesetzt wird oder eine ähnliche Möglichkeit entsteht. Es muss dann mehr Geld in die Kasse kommen. Wie geht das?
DT: Wir als CDU erachten die Schuldenbremse als hohes Gut, weil wir nicht auf folgende Generationen unsere Schulden von heute ablagern können. Das ist wichtig für unsere Kinder und Enkelkinder. Deshalb bin ich kein Freund davon, die Schuldenbremse jetzt aufzuweichen und schon gar nicht die Schuldenbremse dahingehend aufzuweichen, dass wir laufende Investitionen davon finanzieren. Sicherlich werden wir irgendwann an den Punkt kommen, wenn wir uns die marode Infrastruktur in Deutschland angucken. Wenn wir uns das Pflegesystem angucken, dann braucht es hier eine grundlegende Reform. Das ist überhaupt gar keine Frage. Wenn wir die Pflege insgesamt für jeden Einzelnen günstiger machen wollen, dann wird die Stadt sicherlich mehr Geld in das Pflegesystem investieren müssen. Das ist überhaupt gar keine Frage. Das ist dann eine Aufgabe, die die Solidargemeinschaft dann leistet.
KW: Wie machen wir das? Im Moment bauen wir Defizite auf, auch in der Krankenversorgung. Dort sind die Defizite sogar noch höher. Wo kommt das her? Sind das Sondervermögen oder was geht Ihnen da durch den Kopf?
DT: Die Bundesregierung wird perspektivisch weiter die Beiträge zur Pflegeversicherung und Krankenversicherung erhöhen. Dafür müssen wir so ehrlich sein. Das wird anders gar nicht gehen. Die Kosten in der Pflege, im Krankenhaus oder auch insgesamt im medizinischen System sind hoch. Wenn wir darüber sprechen, dass wir insgesamt die Pflegesituation bei uns in Hamburg verbessern wollen, indem wir sagen, wir brauchen mehr Fachärzte, mehr Hausärzte übers ganze Stadtgebiet, dann wird uns das Geld kosten. Das müssen wir so deutlich sagen. Dieses Geld ist gut investiertes Geld. Wir müssen uns insgesamt dafür einsetzen, dass die medizinische Versorgung in Hamburg besser wird. Das wird es nicht zum Nulltarif geben. Am Ende müssen das dann alle tragen zu dem Preis, dass wir dann eine bessere Versorgung haben für jeden in unserer Stadt.
22:03 Gesundheit
KW: Das Problem sind die Fachärzte im Wesentlichen, aber dazu gehören natürlich auch Allgemeinärzte, die zur Verfügung stehen müssen. Es gibt zum Teil lange Wartezeiten auf Termine und manche Ärzte nehmen gar keine neuen Patienten auf. Welche Ideen haben Sie da, um das hinzukriegen? Außerdem gibt es da einen Fachkräftemangel.
DT: Das ist eine unerträgliche Situation, wenn ich auf einen Facharzt ein halbes Jahr warten muss oder beim Hausarzt lange Wartezeiten habe. Wir müssen die Entbudgetierung der Ärzte angehen. Das heißt unterm Strich, dass wenn Ärzte mehr Patienten aufnehmen, dass sie dafür auch mehr Geld bekommen. Es kann nicht sein, dass die Ärzte mehr Patienten behandeln, aber dasselbe Geld wie vorher bekommen, das ist kein Anreiz für die Ärzte. Von daher müssen wir an dieser Stelle zwingend ran. Wir brauchen eine Gesundheitsreform, um zu gucken, wie wir künftig dort besser arbeiten können. Da hat sich die Bundesregierung zuletzt nicht herangetraut. Da müssen wir alle ehrlich sein. Die vorige Bundesregierung war dort zu zaghaft. Da müssen wir dringend ran. Wir sehen, dass es da viel Potenzial ist, viel Notwendigkeiten gibt und von daher braucht es dort eine große Reform, damit am Ende die medizinische Versorgung besser wird, das System finanziell nicht kollabiert, sondern weiterhin leistungsstark bleibt. Wir haben unterm Strich eine gute Gesundheitsversorgung, wenn wir in andere Länder gucken. Das gehört zur Wahrheit auch dazu. Es gibt immer noch Verbesserungsbedarf. Dazu zählt für mich die hohe Wartezeit, dass wir die Zeit reduzieren und dass wir insgesamt über das ganze Stadtgebiet eine bessere ärztliche Versorgung anbieten.
KW: Mehr Ärzte oder auch mehr Leistung, die Sie bezahlen wollen, kostet alles Geld. Die Krankenversicherung wird in diesem Jahr vermutlich fünf bis sechs Milliarden Defizit aufhäufen. Wo kommt das Geld her? Es muss realistisch finanziert werden.
DT: Die Bundesregierung wird die Krankenkassenbeiträge erhöhen. Das ist faktisch gar nicht anders möglich. Alles wird teurer. Natürlich wird auch die Pflege teurer. Wir haben bessere medizinische Versorgung, wir haben bessere Therapien, die kosten Geld und das muss es dem Staat dann wert sein. Natürlich muss das irgendwie refinanziert werden. Wir müssen gucken, wie wir Bürokratie und Überregulierung abbauen, um sich dann auf die wirklich notwendigen Dinge zu konzentrieren. Eine gute ärztliche Versorgung wird weiterhin Geld kosten. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Jeder Cent in eine gute ärztliche Versorgung ist gut investiertes Geld.
KW: Das bei steigender Armut in der Stadt. Die Armut steigterschreckend. Diese Menschen würden sich jetzt erschrecken, wenn sie sagen, jetzt muss ich dafür noch mehr bezahlen. Das kann ich gar nicht.
DT: Wir müssen insgesamt sehen, dass wir eine gute ärztliche Versorgung haben, und die Versorgung wird auch weiterhin gut sein. Das ist gar keine Frage. Das sehen wir und wir sehen, dass wir eine starke gesetzliche Krankenversicherung haben, wo die Politik schon dran ist, dass wir am Ende des Tages die Beiträge bezahlbar halten.Wie gesagt, Gesundheit genauso wie Pflege darf kein Luxusprodukt sein. Da sind alle Politiker angehalten, das umzusetzen. Das werden wir als CDU tun.
25:32 Öffentliche Verwaltung
KW: Wir wissen, es fehlt Personal. In den Behörden gibt es einen Fachkräftemangel. Es fehlt nicht an Geld, sagt hier die Hamburger Regierung. Es fehlt aber daran, dass die Menschen, die dort Hilfe brauchen, die Hilfe nicht immer bekommen. Wo würden Sie da ansetzen?
DT: Wir müssen die Behörden insgesamt leistungsstärker machen. Wir sehen, dass viele Fachkräfte dort fehlen, dass viele Arbeitsplätze unbesetzt sind. Da müssen wir gucken, dass wir als Stadt, als Arbeitgeber Stadt attraktiver werden für Menschen, die den Weg dann zur Stadt am Ende finden. Wir müssen insgesamt gucken, dass wir hier die Verwaltung entbürokratisieren, dass wir unnötige Arbeitsaufgaben zurückstellen, um das wirklich Wichtige zu tun. Das sind für mich unter anderem Geburtsurkunden, Sterbeurkunden, alles, was dazu gehört, dass Menschen schneller heiraten können. Das sind so gefühlte Kleinigkeiten, die aber ganz, ganz wichtig und entscheidend sind. Wir müssen die Behörden insgesamt leistungsstärker machen. Dafür braucht es nicht zwangsläufig immer mehr Personal. Da braucht es eine gute Führung an der Spitze. Es braucht vor allem eine Entschlackung von Prozessen. Wir brauchen eine Digitalisierung in den Behörden. Es kann nicht sein, dass da teilweise noch Faxe hin und her geschickt werden. Da ist ein großes Potenzial, wo wir ran müssen. Dann werden wir die Behörden in der Zukunft deutlich schlagkräftiger aufstellen.
KW: Digitalisierung ist für manche ein Schreckenswort. Viele sagen: Ich kann das nicht, ich lerne das auch nicht mehr und ich kann es mir nicht leisten. Wie wollen Sie dem begegnen?
DT: Digitalisierung ist eine große Chance. Digitalisierung müssen wir als Chance sehen, gerade wenn wir uns den Verkehrsbereich, den Gesundheitsbereich, aber den Behördenbereich angucken, kann Digitalisierung eine Chance sein. Es kann aber nicht sein, dass Digitalisierung dazu führt, dass ältere Menschen oder Menschen, die technisch nicht so versiert sind, am Leben, nicht mehr teilhaben können, wie zum Beispiel am öffentlichen Personennahverkehr, wo wir mit Bargeld nicht mehr fahren können, sondern sich Karten kaufen muss, aufladbare Karten oder mit dem Smartphone nur noch bezahlen kann. Das ist für mich nicht gut. Wir dürfen die Menschen bei der Digitalisierung nicht verlieren. Gerade ältere Menschen. Da werden wir gerade als CDU ein großes Augenmerk darauf legen, dass die ältere Generation nicht hinten runterfällt.
SR: Herr Thering, vielen Dank für die Information und die Einstellung der CDU in Hamburg zu sozialpolitischen Fragen für die kommenden Jahre. Könnten Sie vielleicht noch mal so zusammenfassen: Wo würden Sie Ihre Prioritäten sehen im Bereich der Sozialpolitik? Was sind Ihre Schwerpunkte?
DT: Vor allem das, was wir gerade gesagt haben. Es kann nicht sein, dass über 32.000 Menschen über 65 auf die Grundsicherung angewiesen sind. Da müssen wir gucken, dass Menschen, die lange gearbeitet haben in ihrem Leben, auch von ihrer Rente leben können. Wir wollen die ärztliche Versorgung deutlich verbessern. Wir wollen ein Seniorenticket einführen für 29 Euro im ÖPNV. Das halten wir für ganz wichtig. Mir ist es wichtig, Alleinerziehende mehr in den Fokus zu nehmen. Wir sehen, dass 43 Prozent armutsgefährdet sind. Deshalb fordern wir als CDU, die Betreuungszeit in den Kitas von fünf Stunden zu erhöhen, sukzessive bis auf acht, vielleicht sogar zehn Stunden. Das kann ein großer Beitrag sein, um Familien zu entlasten. Gerade Familien, die nicht so ein hohes Einkommen haben. Das sind Dinge, wo wir ran müssen. Dafür wollen wir uns einsetzen und die gesamte Pflege wieder bezahlbar machen.
SR: Vielen Dank für die Information und für das Gespräch Herr Thering.
KW: Herzlichen Dank fürs Kommen und für das anregende Gespräch.
DT: Herzlichen Dank für Ihre Zeit. Sehr spannend.
SR: Das war der SoVD Polit-Talk zur Wahl Der Podcast des SoVD Hamburg. Abonnieren Sie uns auf den gängigen Podcastplattformen. Über eine gute Bewertung würden wir uns freuen. Oder schicken Sie uns Ihr Feedback an info@sovd-hh.de. Wir freuen uns, wenn Sie auch das nächste Mal wieder reinhören. Bis dahin halten wir Sie über unsere Social Media Kanäle auf dem Laufenden. Oder besuchen Sie unsere Webseite sovd-hh.de.