Rentenanpassung 2021
Stellungnahme des Sozialverband Deutschland (SoVD) zur Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte und zur Bestimmung weiterer Werte zum 1. Juli 2021
(Rentenwertbestimmungsverordnung 2021 – RWBestV 2021)
1 Zusammenfassung des Referentenentwurfs
Nach dem Entwurf für eine Rentenwertbestimmungsverordnung 2021 werden die Renten zum 1. Juli 2021 in den alten Bundesländern nicht erhöht. In den neuen Bundesländern werden die Renten um 0,72 Prozent angehoben. Der aktuelle Rentenwert bleibt daher bei 34,19 EUR und der aktuelle Rentenwert (Ost) steigt von 33,23 EUR auf 33,47 EUR. Außerdem wird das Sicherungsniveau vor Steuern (Rentenniveau) für das Jahr 2021 auf 49,37 Prozent festgesetzt. Den Berechnungen liegen die folgenden Entwicklungen zugrunde:
- Grundlage der Rentenanpassung 2021 ist eine Bruttolohnentwicklung im vergangenen Jahr von -2,34 Prozent in den alten und -0,14 Prozent in den neuen Bundesländern.
- Der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung bleibt unverändert bei 18,6 Prozent und wirkt sich damit nicht auf die Rentenanpassung zum 1. Juli 2021 aus.
- Der Nachhaltigkeitsfaktor, der die Veränderung beim Verhältnis von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden abbildet, liegt bei 0,9908 und wirkt sich damit dämpfend auf die Anpassung aus.
- Der Riester-Faktor wirkt sich nicht mehr anpassungsdämpfend aus, da im Jahr 2013 die letzte Stufe der sog. Riester-Treppe erreicht wurde. Die in den vergangenen Jahren von ihm verursachten Anpassungskürzungen wirken aber nach wie vor fort.
Für das Jahr 2021 ergeben die dem Referentenentwurf zugrundeliegenden Berechnungen ein Rentenniveau von 49,37 Prozent. Die Niveauschutzklausel muss demnach nicht zur Anwendung kommen.
Der Verordnungsentwurf basiert auf geltendem Recht. Aufgrund der negativen Lohnentwicklung im Jahr 2020 würde sich rein rechnerisch ab dem 1. Juli 2021 ein aktueller Rentenwert in Höhe von 33,08 EUR ergeben. Durch die Schutzklausel nach §§ 68 und 68a SGB VI ist ein Absinken des aktuellen Rentenwertes jedoch ausgeschlossen. Die leichte Erhöhung des aktuellen Rentenwerts (Ost) um 0,72 Prozent ist auf die Rentenangleichung Ost-West zurückzuführen. Durch die Bestimmung des aktuellen Rentenwertes bzw. des aktuellen Rentenwerts (Ost) und der Multiplikation mit den individuellen Entgeltpunkten sowie den sogenannten Rentenart- und Zugangsfaktoren, ergibt sich der individuelle Monatsbetrag der Rente.
Beispiel: Person A hat in den neuen Bundesländern gearbeitet, 45 Jahre in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt und ist mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze in Altersrente gegangen (d.h. ohne Zu- oder Abschläge = Zugangsfaktor von 1; Altersrente = Rentenartfaktor von 1). Der aktuelle Rentenwert (Ost) für 2021 beträgt 33,47 EUR. Rechnung: 33,47 EUR x 45 Jahre x Rentenartfaktor 1 x Zugangsfaktor 1 = 1.506,15 EUR monatliche Rente ab 1. Juli 2021. Im Jahr 2020 betrug der aktuelle Rentenwert 33,13 EUR. Rechnung: 33,13 EUR x 45 Jahre x Rentenartfaktor 1 x Zugangsfaktor 1 = 1.490,85 EUR. Die Beispielrente erhöht sich damit um 15,30 EUR monatlich.
2 Gesamtbewertung
Die diesjährige Rentenanpassung steht im Zeichen der Corona-Pandemie. Kurzarbeit und steigende Arbeitslosenzahlen haben sich negativ auf die Lohnentwicklung und damit auf die Rentenanpassung ausgewirkt. In diesem Jahr wirkt außerdem der Nachhaltigkeitsfaktor anpassungsdämpfend. Hintergrund dafür ist der gestiegene Rentnerquotient. Dieser gibt einfach ausgedrückt das Verhältnis der Zahl Rentenbezieher*innen zu der Zahl Beitragszahler*innen an.
Der Riester-Faktor wird künftig nicht mehr zu weiteren Kürzungen der Rentenanpassungen führen. Er hat die Rentenanpassungen allerdings in den zurückliegenden Jahren deutlich reduziert. Diese bereits realisierten Anpassungskürzungen werden fortwirken. Denn sie sind in den aktuellen Rentenwert eingeflossen, so dass der Ausgangswert für künftige Rentenanpassungen dauerhaft gemindert ist. Um dieses Fortwirken auszuschließen, müssten die nicht gerechtfertigten Anpassungskürzungen infolge des Riester-Faktors schrittweise wieder zurückgenommen werden. Dies könnte durch jährliche Zuschläge zu den Rentenanpassungen erfolgen, wie sie der SoVD als „umgekehrte Riester-Treppe“ im Rahmen seines Konzepts für eine Verbesserung des Rentenniveaus vorgeschlagen hat. Das könnte gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und den damit möglicherweise zu erwartenden Nullrunden bzw. geringen Anpassungen eine sinnvolle Maßnahme sein. Denn auch wenn die Schutzklausel in § 68 SGB VI ein Absinken der Renten verhindert und mit dem Aussetzen des sogenannten Nachholfaktors dies mit zukünftigen Rentensteigerungen nicht verrechnet wird, sind die Rentner*innen in der Corona-Pandemie diejenigen, die wenig bis keine finanzielle Unterstützung erfahren, aber auch Ausgabensteigerungen zu verzeichnen haben.
Die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts (Ost) erfolgt anhand des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes. Diesem zufolge wird der aktuelle Rentenwert (Ost) zum 1. Juli 2021 auf 97,9 Prozent des Westwerts angehoben. Sollte jedoch die tatsächliche Lohnentwicklung in den neuen Bundesländern dazu führen, dass der festgelegte Angleichungsschritt von 97,9 Prozent überschritten wird, kann ein abweichender aktueller Rentenwert (Ost) festgelegt werden. Dieser wird mit einem sogenannten Vergleichswert ermittelt, der bis zum Abschluss der Rentenangleichung (1. Juli 2024) jährlich berechnet wird. Für das Jahr 2021 ist der Vergleichswert mit 32,78 Euro niedriger als der ursprünglich berechnete aktuelle Rentenwert (Ost) mit 33,47 Euro. Damit beträgt der festzusetzende aktuelle Rentenwert (Ost) ab dem 1. Juli 2021 33,47 Euro, was einem Anpassungssatz (Ost) von 0,72 Prozent entspricht.
Die negative Lohnentwicklung und ein statistischer Effekt führen dazu, dass das Rentenniveau steigt, von 48,21 Prozent im Jahr 2020 auf 49,37 Prozent in 2021. Damit kommt die Niveauschutzklausel nach § 255e SGB VI nicht zum Tragen, da das Rentenniveau über 48 Prozent liegt. Aus Sicht des SoVD ist eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent jedoch nicht ausreichend. Um die Lebensstandardsicherung aus der gesetzlichen Rente im Sinne einer generationenübergreifenden Gerechtigkeit auch für die nachfolgenden Generationen zu festigen, schlägt der SoVD vor, das Rentenniveau bei 50 Prozent zu stabilisieren und perspektivisch wieder auf 53 Prozent anzuheben.
Es ist bedauerlich, dass in dieser Legislaturperiode die obligatorische Altersabsicherung von Selbständigen als ein erster Schritt hin zu einer Erwerbstätigenversicherung nicht mehr zu erwarten ist. Dabei hat die Corona-Pandemie mehr als deutlich gezeigt, wie wichtig eine gute soziale Absicherung ist. Gerade bei Selbständigen fehlt diese viel zu oft. Der SoVD wirbt schon lange für die Einführung einer Erwerbstätigenversicherung. Denn um dem Wandel in der Arbeitswelt und in den Erwerbsverläufen sowie der gestiegenen beruflichen Mobilität in Europa hinreichend Rechnung zu tragen, muss die gesetzliche Rentenversicherung schrittweise zu einer Erwerbstätigenversicherung fortentwickelt werden. Hierzu sind in einem ersten Schritt alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, die bislang in keinem obligatorischen Alterssicherungssystem versichert sind. In weiteren Schritten sind auch die anderen Erwerbstätigen, insbesondere politische Mandatsträger*innen, Beamt*innen sowie Erwerbstätige in den freien Berufen unter Wahrung verfassungsrechtlicher Vorgaben in die Erwerbstätigenversicherung einzubeziehen.
DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik
SoVD-Stellungnahmne: Rentenanpassung 2021 (Rentenwertbestimmungsverordnung – RWBestV) [246 KB]