Transplantationsregister
Stellungnahme des SoVD anlässlich einer Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Transplantationsregisters sowie zu diesnezüglichen Änderungsanträgen
1 Zu den Regelungen des Gesetzentwurfs
1.1 Einführung
In Deutschland ist die Erhebung transplantationsmedizinischer Daten dezentral organisiert. Ziel des Gesetzentwurfs ist die Errichtung eines bundeweiten Transplantationsregisters, in dem die transplantationsmedizinischen Daten aller an der Transplantationsmedizin beteiligten Stellen zusammengeführt werden. Hierdurch sollen wesentliche Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Verbesserung und Weiterentwicklung der transplantationsmedizinischen Versorgung und zur Erhöhung der Transparenz führen. Zudem werde der Zugang zu den Daten für die wissenschaftliche Forschung unter Wahrung des Datenschutzes ermöglicht.
Der Gesetzentwurf regelt im Wesentlichen:
- die Errichtung eines bundesweiten Transplantationsregisters bei einer Transplantationsregisterstelle,
- die Errichtung einer Vertrauensstelle,
- die Errichtung eines Fachbeirates,
- die Datenübermittlung an die und durch die Transplantationsregisterstelle sowie
- die Aufbewahrungs- und Löschungsfristen.
1.2 Gesamtbewertung des Gesetzentwurfs
Der SoVD begrüßt die Errichtung und Ausgestaltung eines bundesweiten Transplantationsregisters, die Einrichtung einer unabhängigen Vertrauensstelle und die Schaffung eines Fachbeirats unter Beteiligung der Patientenorganisationen. Insbesondere die vorgesehene Trennung von medizinischen und personenbezogenen Daten ist richtig. Bei der Finanzierung der neuen Stellen fordert der SoVD jedoch mit Nachdruck eine verpflichtende Kostenbeteiligung der privaten Krankenversicherungswirtschaft. Des Weiteren gilt es sicherzustellen, dass ausschließlich die tatsächlichen Kosten der Übermittlung transplantationsmedizinischer Daten ermittelt und vergütet werden.
1.3 Zu den einzelnen Regelungen des Gesetzentwurfs
Transplantationsregister und Transplantationsregisterstelle (§§ 15a (neu) und 15b (neu) TPG)
Der Gesetzentwurf sieht zur Verbesserung der Datengrundlage für die transplantationsmedizinische Versorgung und Forschung sowie zur Erhöhung der Transparenz in der Organspende und Transplantation die Errichtung eines bundesweiten Transplantationsregisters vor. Hierfür soll im Auftrag der sog. TPG-Auftraggeber, bestehend aus dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder den Bundesverbänden der Krankenhausträger, durch eine finanziell und organisatorisch eigenständige und qualifizierte Trägerschaft eine Transplantationsregisterstelle eingerichtet und betrieben werden. Die Finanzierung erfolge aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Entwurf sieht daneben vor, dass sich die private Krankenversicherungswirtschaft an der Finanzierung der Transplantationsregisterstelle beteiligen kann.
SoVD-Bewertung
Der SoVD begrüßt die mit dem Gesetzentwurf vorgesehene Errichtung eines bundesweiten Transplantationsregisters zur Verbesserung der Datengrundlage für die transplantationsmedizinische Versorgung und Forschung. Insbesondere vor dem Hintergrund der Transplantationsskandale der jüngsten Zeit teilt er die Erwartungen an eine hiermit verbundene Erhöhung der Transparenz und Kontrolle in der Organspende und Transplantation. Daneben erhofft sich der SoVD gesteigerte Erkenntnisse zur Kontrolle und Weiterentwicklung der Mindestmengenregelungen in der Transplantationsmedizin.
Der SoVD kritisiert jedoch, dass der Gesetzentwurf der privaten Krankenversicherungswirtschaft es anheimstellt, sich an der Finanzierung der Transplantationsregisterstelle zu beteiligen. Die Weiterentwicklung und Qualitätsverbesserung in der Transplantationsmedizin kommt schließlich auch der privaten Krankenversicherungswirtschaft zugute, weshalb diese - zu Recht - an der weiteren Ausgestaltung der Aufgaben, des Betriebs und der Finanzierung der Transplantationsregisterstelle einzubeziehen ist. Der SoVD fordert daher nachdrücklich, die private Krankenversicherungswirtschaft auch bei der Finanzierung - verpflichtend - einzubeziehen.
Vertrauensstelle (§ 15c (neu) TPG)
Mit dem Gesetzentwurf ist die Errichtung einer unabhängigen Vertrauensstelle, die aus datenschutzrechtlichen Gründen räumlich, technisch, organisatorisch und personell von der Transplantationsregisterstelle getrennt ist, vorgesehen. Aufgabe der Vertrauensstelle sei insbesondere, die personenidentifizierenden Daten zu pseudonymisieren und sicherzustellen, dass die strikte Trennung der personenbezogenen Daten des postmortalen Organspenders und des Organempfängers gewahrt wird. Die Vertrauensstelle selbst erhalte zu keinem Zeitpunkt Einblick in die medizinischen Daten. Die Transplantationsregisterstelle erhalte keinen Einblick in die personenidentifizierenden Daten der Organspender und Organempfänger. Der Entwurf sieht hinsichtlich der Finanzierung der Vertrauensstelle ebenfalls vor, dass sich die private Krankenversicherungswirtschaft an der Finanzierung beteiligen kann.
SoVD-Bewertung
Die beabsichtigte Errichtung einer unabhängigen Vertrauensstelle zur Pseudonymisierung personenbezogener Daten, die aus datenschutzrechtlichen Gründen räumlich, technisch, organisatorisch und personell von der Transplantationsregisterstelle getrennt ist, ist richtig. Die vorgesehene Trennung von medizinischen und personenbezogenen Daten und Zugriffsmöglichkeiten der Stellen trägt den Anforderungen an den Datenschutz Rechnung.
Jedoch auch hier fordert der SoVD, wie schon im Hinblick auf die Finanzierung der Transplantationsregisterstelle, mit Nachdruck eine verpflichtende Kostenbeteiligung der privaten Krankenversicherungswirtschaft an der Finanzierung der Vertrauensstelle.
Fachbeirat (§ 15d (neu) TPG)
Bei der Transplantationsregisterstelle soll ein Fachbeirat eingerichtet werden, der sowohl die Transplantationsregisterstelle als auch die Vertrauensstelle fachlich beraten und unterstützen soll. Der Fachbeirat solle sich aus Vertretern der datenliefernden Stellen, der Deutschen Transplantationsgesellschaft, der Kommission nach § 11 Abs. 3 Satz 4 TPG, der Kommission nach § 12 Absatz 5 Satz 4 TPG sowie der maßgeblichen Patientenorganisationen zusammensetzen.
SoVD-Bewertung
Der SoVD begrüßt die Errichtung und die Aufgaben des vorgesehenen Fachbeirats. Es wird positiv zur Kenntnis genommen, dass bei der Zusammensetzung des Fachbeirats richtigerweise auch die Patientenorganisationen als Vertreter einzubeziehen sind.
Übermittlungsvergütung (§ 15e Abs. 7 (neu) TPG)
Zur Übermittlung transplantationsmedizinischer Daten an die Transplantationsregisterstelle sind alle an der Transplantationsmedizin beteiligten Einrichtungen und Stellen verpflichtet. Für die Übermittlung durch Transplantationszentren und die mit der Nachsorge betrauten Einrichtungen und Ärzten in der ambulanten Versorgung sieht der Gesetzentwurf eine Kostenerstattung in Form einer Übermittlungsvergütung seitens der zuständigen Krankenkasse vor.
SoVD-Bewertung
Soweit der Gesetzentwurf an die zur Übermittlung verpflichteten Einrichtungen und Stellen eine Vergütung vorsieht, fordert der SoVD, sicherzustellen, dass hierbei ausschließlich die tatsächlichen Kosten der Übermittlung ermittelt und vergütet werden.
2 Zu den Regelungen im Bereich Pflege (Änderungsantrag 2)
Mit dem Änderungsantrag 2 der Fraktionen der CDU/CSU und SPD sind mehrere Änderungen des SGB XI vorgesehen.
Ermittlung des körperbezogenen Pflegeanteils bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen mit Intensivpflegebedarf (§§ 17 Abs.1b (neu) und 18 Abs.1a (neu) SGB XI)
Für Versicherte mit erheblichem intensivpflegerischen Bedarf, z. B. Wachkomapatienten oder dauerbeatmete Patienten, bei denen gleichzeitig medizinische Behandlungspflege nach dem SGB V und Grundpflege nach dem SGB XI durch dieselbe Pflegekraft erbracht wird, teilen sich die Kranken- und die Pflegekassen die Kosten hälftig. Nachdem mit Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und des neuen Begutachtungsinstruments künftig kein Zeitaufwand (Minuten) mehr erhoben wird, müssen andere Verfahren gefunden werden, den Zeitanteil für körperbezogene Pflegemaßnahmen festzustellen.
Vorgesehen ist, den GKV-Spitzenverband zu beauftragen, bis zum 30. November 2016 eine Richtlinie zur Feststellung dieses Zeitanteils zu erlassen (§ 17 Abs.1b (neu) SGB XI). Weiter sollen die Pflegekassen die Möglichkeit erhalten, den Medizinische Dienst mit der Einzelfallprüfung des o.g. Zeitanteils zu beauftragen (§ 18 Abs.1a (neu) SGB XI).
SoVD-Bewertung
Durch den Wegfall der Messung des Zeitaufwandes bei der künftigen Einstufung des Pflegebedarfes muss der Zeitanteil für die köperbezogene Pflege bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen mit Intensivpflegebedarf künftig auf anderem Wege gemessen werden. Es ist darum konsequent, den GKV-Spitzenverband mit der Erarbeitung entsprechender Richtlinien zu beauftragen und den Pflegekassen die Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu ermöglichen. Der SoVD fordert, dass die Verbände nach § 118 SGB XI an der Erarbeitung der Richtlinie zu beteiligen wären. Insofern müsste der § 118 Abs.1 Nr.1 SGB XI entsprechend ergänzt werden.
Ausweitung des Aussetzungszeitraums der „Strafzahlungsregelung“ bei Überschreiten der Begutachtungsfristen (§ 18 Abs.3b (neu) SGB XI)
Nach geltendem Recht muss die Pflegekasse innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang eines Antrags zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit dem Antragsteller ihre Entscheidung schriftlich mitteilen. Nach Fristablauf hat die Pflegekasse dem Antragsteller je 70 € pro angefangene Woche zu zahlen. Im Rahmen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) wurde diese „Strafzahlungsregelung“ bei Fristüberschreitung für einen Zeitraum vom 1.1.2017 bis 31.12.2017 ausgesetzt, weil in diesem Zeitraum ein aufgrund der Systemumstellung außergewöhnlich hohes Begutachtungsaufkommen zu erwarten ist.
Vorgesehen ist nun, die "Strafzahlungsregelung" bei Fristüberschreitung bereits ab dem 1.11.2016 auszusetzen.
SoVD-Bewertung
Da zu erwarten ist, dass vor automatischer Überleitung der Pflegestufen in Pflegegrade zum 1.1.2017 viele Menschen Höherstufungsanträge sowie Anträge auf Feststellung einer eingeschränkten Alltagskompetenz stellen werden, ist das geplante Vorziehen der Aussetzung der „Strafzahlungsregelung“ bei Fristüberschreitung nachvollziehbar.
Überleitung der Pflegesätze für Kurzzeitpflege (§§ 92c Satz 4 (n.F.) und 92e Abs.3a (neu) SGB XI)
Anders als in der stationären Langzeitpflege sind die Leistungsbeträge der Pflegekassen für die Kurzzeitpflege in den Pflegestufen (und künftig Pflegegraden) identisch. Vor diesem Hintergrund ist vorgesehen, die Kurzzeitpflege von den mit dem PSG II geschaffenen Regelungen für einrichtungseinheitliche Pflegesätze auszunehmen.
SoVD-Bewertung
Zumindest für Kurzzeitpflegeeinrichtungen mit nach Pflegegraden differenzierten Pflegesätze stimmt der SoVD nicht mit der Argumentation der Gesetzesbegründung überein. Denn bei einheitlichen Leistungsbeträgen der Pflegekassen werden die überschießenden Kosten der Kurzzeitpflege gemäß der aufwandsbezogen steigenden Pflegesätze zu unterschiedlichen Eigenanteilen führen. Mit steigendem Pflegegrad werden die von den Versicherten zu leistenden Eigenanteile also auch in der Kurzzeitpflege steigen. Da die Leistungen der Pflegekasse in allen Pflegegraden gleich ist, könnte der finanzielle Fehlanreiz dahingehend, dass Versicherte sich nicht in einen angemessenen Pflegegrad hochstufen lassen, sogar noch größer sein als in stationären Langzeitpflegeeinrichtungen.
DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik
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