GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG)
Stellungnahme des SoVD zum Entwurf eines Gesetzes zur Beitragsentlastung der Versicherten in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
1 Zusammenfassung des Referentenentwurfs
Der "Entwurf eines Gesetzes zur Beitragsentlastung der Versicherten in der Gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-Versichertenentlastungsgesetz – GKV-VEG) enthält eine Reihe von Maßnahmen zur Entlastung der Versicherten bei den Krankenkassenbeiträgen. Angesichts einer positiven Entwicklung der Mitgliederzahlen und Beitragseinnahmen sowie der Rücklagen des Gesundheitsfonds und eines Teils der Krankenkassen bestehe Potential dafür, Versicherte bei den Sozialbeiträgen zu entlasten. Mit einem Bündel an Maßnahmen soll eine Beitragsentlastung der Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung einschließlich der Rentnerinnen und Rentner von insgesamt etwa 8,3 Mrd. Euro jährlich erreicht werden.
Der Referentenentwurf enthält u. a. folgende Maßnahmen:
- Paritätische Finanzierung des kassenindividuellen Zusatzbeitrags ab dem 1. Januar 2019,
- Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage für Selbständige zum 1. Januar 2019,
- Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Beitragsschulden,
- Abbau von Finanzreserven der gesetzlichen Krankenkassen, sowie
- Bereinigung einer befristeten Sonderregelung für Tagespflegepersonen.
Die Neuregelungen sollen in Teilen noch in diesem Jahr, im Übrigen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
2 SoVD-Bewertung zu den Regelungen im Einzelnen
a) Paritätische Finanzierung des kassenindividuellen Zusatzbeitrags
Ab dem 1. Januar 2019 sollen die bisher vom Mitglied allein zu tragenden Beiträge nach dem krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatz paritätisch finanziert werden. Derzeit beteiligen sich Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber und Rentenversicherung hälftig an den Beiträgen nach dem allgemeinen Beitragssatz. Durch die Neuregelung werden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung künftig wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten bzw. Rentenversicherung und Rentnerinnen und Rentnern getragen.
SoVD-Bewertung: Der SoVD begrüßt die mit der Umsetzung der im Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode vereinbarten Paritätischen Finanzierung des krankenkassenindividuellen Zusatzbeitrags ausdrücklich. Damit wird einer langjährigen Forderung des SoVD nach der Wiederherstellung der vollen Beitragsparität bei den Krankenversicherungsbeiträgen entsprochen. Bislang werden steigende Lasten durch steigende Zusatzbeiträge allein durch die Versicherten aufgebracht, da der Arbeitgeberbeitrag seit Januar 2015 mit dem GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) gesetzlich eingefroren wurde. Mit der Neuregelung beteiligen sich ab dem 1. Januar 2019 nunmehr wieder Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bzw. die Rentenversicherung hälftig an den Beiträgen nach dem allgemeinen Beitragssatz sowie hälftig an dem krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatz.
Mit der Wiederherstellung der vollen Beitragsparität hat die Unterscheidung zwischen allgemeinen Beitragssatz und kassenindividuellen Zusatzbeitrag jedoch zwangsläufig ausgedient. Die Notwendigkeit der Unterscheidung besteht nicht mehr. Vor diesem Hintergrund fordert der SoVD die Einführung eines kassenindividuellen Beitragssatzes.
Das Prinzip der paritätischen Verteilung der Beiträge auf lohnbezogene Einnahmen muss auch in der Pflegeversicherung (wieder)hergestellt werden, wo es durch den Wegfall des Buß- und Bettages, den Zuschlag für kinderlose Versicherte und die alleinige Beitragstragung der Rentnerinnen und Rentner bisher einseitig zu Lasten der Versicherten verletzt wird.
b) Absenkung der Mindestbeitragsbemessung für Selbstständige
Hauptberuflich Selbstständige zahlen ihre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung auf Basis einer Mindestbeitragsbemessungsgrundlage. Diese wird anhand der Bezugsgröße jährlich angepasst und liegt im Jahr 2018 bei 2.284 Euro. Unterschreiten die tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen diese Grenze, wird die Mindestbemessungsgrundlage als fiktives Mindesteinkommen zur Berechnung des Krankenkassenbeitrags zugrunde gelegt. Zum 1. Januar 2019 soll der maßgebliche Anteil zur Berechnung der Mindestbemessungsgrundlage vom 40. Teil auf den 80. Teil der monatlichen Bezugsgröße abgesenkt werden. Für das Jahr 2018 entspräche dies einer Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage auf 1.142 Euro mit einem durchschnittlichen Mindestbeitrag von 171 Euro.
SoVD-Bewertung: Der SoVD begrüßt die vorgesehene Absenkung der Mindestbeitragsbemessung für Selbstständige als wichtigen Schritt. Seit Jahren weist der SoVD auf die finanziellen Belastungen auf der Ebene der Beitragshöhe für Solo-Selbständige und andere gering verdienende freiwillig Versicherte sowie auf die damit verbundenen Probleme finanzieller Überforderung hin. In der heutigen Erwerbsrealität ist es nicht mehr der Fall, dass Selbstständige, und besonders Solo-Selbstständige, nur in bestimmten Phasen Einkünfte unterhalb der Mindestbemessungsgrenze erzielen. Vielmehr erwirtschaften sie oft generell nur ein geringes Einkommen. Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein soziales Sicherungssystem mit einem Solidarausgleich auf Grundlage des sogenannten Solidaritätsprinzips. Wesensmerkmal ist – anders als beim sogenannten Äquivalenzprinzip der privaten Krankenversicherung – ein risikounabhängiger Beitrag für den Krankenversicherungsschutz auf Grundlage der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten. Die systematische Begünstigung finanziell Schwächerer ist ein wichtiges Ziel und ein überzeugender Vorzug des bestehenden gesetzlichen Krankenversicherungssystems. Der SoVD ist der Auffassung, dass sich die Beitragserhebung grundsätzlich an den tatsächlichen Zahlungsmöglichkeiten orientieren muss. Das muss grundsätzlich auch für diese Personengruppe gelten.
c) Maßnahmenpaket zur Reduzierung der Beitragsschulden
Mit einem Maßnahmenbündel soll das Problem der hohen Beitragsschulden bei den gesetzlichen Krankenkassen gelöst werden. Im Dezember 2017 beliefen sich diese bei freiwillig Versicherten auf insgesamt 6,3, Mrd. Euro mit einem monatlichem Zuwachs von ca. 120 Mio. Euro. Dies sei auf das Zusammenwirken der obligatorischen Anschlussversicherung (OAV) und der Einstufung zum Höchstbeitrag als Sanktionierungsinstrument bei Nichtmitwirkung zurückzuführen. Zur Lösung wird vorgeschlagen, die Begründung einer freiwilligen Versicherung über die OAV auf Fälle geklärten Aufenthalts zu beschränken, Beendigungstatbestände für freiwillige Mitgliedschaften zu schaffen, wenn Mitglieder unauffindbar sind, sowie flexiblere Anpassungsmöglichkeiten für die Einstufung zum Höchstbeitrag wegen Nichtmitwirkung bei der Beitragsfestsetzung zu ermöglichen. Zur Reduzierung bereits bestehender Beitragsschulden sollen die Krankenkassen ihre Mitgliederbestände um „ungeklärte passive“ Mitgliedschaften und damit verbundene Beitragsschulden bereinigen. Die für die aufzuhebenden Mitgliedschaften erhaltenen RSA-Zuweisungen müssen an den Gesundheitsfonds zurückgezahlt werden.
SoVD-Bewertung: Es ist nachvollziehbar, dass ein Zusammenwirken der obligatorischen Anschlussversicherung (OAV) und der Einstufung zum Höchstbeitrag als Sanktionierungsinstrument bei Nichtmitwirkung für den Anstieg der Beitragsschulden mit verantwortlich ist und die Beitragsschuldenlage weiter verschärft. Die vorgesehenen Änderungen können insgesamt zu einer Klärung und Reduzierung der stark gewachsenen Beitragsschulden beitragen. Dies gilt sowohl für die Mitgliederbestände insgesamt durch Überprüfung der „ungeklärten passiven“ Mitgliedschaften, als auch für den jeweiligen Einzelfall durch die geplanten flexiblen Anpassungsmöglichkeiten für die Einstufung zum Höchstbeitrag wegen Nichtmitwirkung bei der Beitragsfestsetzung. Schließlich ist es konsequent und richtig, dass die für die aufzuhebenden Mitgliedschaften erhaltenen RSA-Zuweisungen an den Gesundheitsfonds zurückgezahlt werden müssen. Die Sondermeldepflicht für die am Risikostrukturausgleich teilnehmenden Krankenkassen unterstützt dies.
Die Neuregelung gewährleistet, dass freiwillige Mitgliedschaften in der gesetzlichen Krankenversicherung künftig nicht mehr im Wege der obligatorischen Anschlussversicherung begründet oder aufrecht erhalten werden, wenn die Krankenkasse weder den Wohnsitz noch den gewöhnlichen Aufenthalt des Mitglieds im Geltungsbereich des deutschen Sozialrechts feststellen kann. Mit der Neuregelung wird diesem für alle Bereiche des Sozialrechts grundsätzlich geltenden Territorialitätsprinzip in der Ausprägung als Wohnortprinzip Rechnung getragen. Dies erscheint im Hinblick auf sogenannter "ungeklärt passive" Mitgliedschaften zielführend. Insbesondere wird zurecht darauf hingewiesen, dass im Wege der nachrangigen Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 13 eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung rückwirkend neu begründen werden kann, sodass für den Betroffenen ein durchgehender Krankenversicherungsschutz wieder hergestellt werden kann.
In diesem Zusammenhang begrüßt der SoVD die Verpflichtung der Krankenkassen, bei Vorliegen von Beitragsrückständen in Höhe von Beitragsanteilen für zwei Monate schriftlich auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass Beiträge im Falle der Bedürftigkeit ganz oder teilweise durch Träger der Grundsicherung oder der Sozialhilfe übernommen werden. Es ist richtig, dass möglicherweise hilfsbedürftige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung möglichst früh und ohne eigene Nachfrage – etwa in Unkenntnis der Rechtslage – k über die Ansprüche auf Übernahme der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) oder dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) informiert werden und in der Folge entsprechende Ansprüche möglichst frühzeitig geltend machen können. Damit werden weitere Beitragsschulden vermieden und die Versichertengemeinschaft nicht zusätzlich belastet.
d) Abschmelzen hoher Finanzreserven der Krankenkassen zur Entlastung der Beitragszahler
Zum Abbau der Überschüsse und Finanzreserven in der Gesundheitsversorgung sieht der Entwurf Neuregelungen für gesetzlich definierte Höchstgrenzen und automatische Abbaumechanismen vor, was sich dämpfend auf die Höhe der Zusatzbeiträge auswirken soll.
Die Finanzreserven der Krankenkassen dürfen zukünftig eine gesetzlich definierte Höchstgrenze nicht mehr überschreiten. Die Obergrenze, wonach Betriebsmittel und Rücklagen das 1,5 fache einer Monatsausgabe einer Kasse nicht übersteigen soll, wird auf das 1,0 fache einer Monatsausgabe abgesenkt und in eine verpflichtende Regelung umgewandelt. Zudem verpflichten Neuregelungen die Krankenkassen, ihre Finanzreserven zugunsten der Mitglieder über die Zusatzbeitragssätze abzubauen, wenn sie die gesetzlich festgeschriebene Obergrenze überschreiten. Hierfür stehen den Kassen drei – in Ausnahmefällen bis zu fünf – Haushaltsjahre zur Verfügung. Sie dürfen ihre Zusatzbeiträge solange nicht anheben, wie ihre Finanzreserven die zulässige Obergrenze überschreiten. Sind die Finanzreserven einer Krankenkasse weiterhin zu hoch, sind die Mittel dem Gesundheitsfonds in Höhe des überschrittenen Betrags zuzuführen.
Daneben werden die Liquiditätsreserven des Gesundheitsfonds gedeckelt. Zu der bisherigen Regelung einer Mindestreserve von 25 Prozent (2018 rund 4,6 Mrd. Euro) einer Monatsausgabe soll eine Obergrenze von 50 Prozent einer Monatsausgabe des Gesundheitsfonds eingeführt werden, was 2018 rund 9,5 Mrd. Euro entspricht. Bei Überschreiten dieser Grenze müssen die überschüssigen Finanzmittel schrittweise dem Gesundheitsfonds zugeführt werden.
SoVD-Bewertung: Der SoVD erkennt die Intention des Gesetzgebers, die angesparten Finanzreserven des Gesundheitssystems den Versicherten zugänglich machen zu wollen. Soll dies allein zugunsten niedrigerer Zusatzbeiträge erfolgen, werden damit aus Sicht des SoVD jedoch falsche Anreize gesetzt und verstärkt.
Zwar verfügten die Krankenkassen zum Ende des Jahres 2017 über ehebliche Finanzreserven. Die Rücklagen sind jedoch äußerst ungleichmäßig verteilt. Der Abbau von Finanzreserven durch Senkung der Zusatzbeiträge würde diejenigen Kassen weiter benachteiligen, die bereits höhere Zusatzbeiträge erheben, obgleich sie bereits mit den Finanzmittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen. Die Folge wären weiter steigende Zusatzbeiträge und eine Zunahme im Gefälle zwischen den Kassen. Versicherte würden abwandern, die für ihre bisherige Krankenkasse zumeist geringe Kosten verursacht haben, vornehmlich jüngere Versicherte. Dies würde die Situation bei der bisherigen Krankenkasse weiter verschärfen. So würde vornehmlich ein reiner Preiswettbewerb zwischen den Krankenkassen gestärkt. Die ungleiche Verteilung der Rücklagen ist vielmehr das Ergebnis einer Fehlfunktion des Finanzierungsystems selbst. Notwendig ist darum eine zeitnahe Reform des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA). Es gilt Fehlverteilungen von Beitragsmitteln zu vermeiden und Hintertüren zu schließen.
Vorzugswürdiger wäre indes die Investition in spürbare Leistungsverbesserungen, etwa durch Wiederaufnahme von Leistungen, die ausgegliedert oder gekürzt wurden, wie etwa beim Zahnersatz oder Sehhilfen. Dies schafft Anreize für eine Zunahme des Leistungs- und Qualitätswettbewerbs zwischen den Krankenkassen. Angesichts der kostenintensiven Vorhaben der letzten Legislaturperiode und die im Koalitionsvertrag beschlossenen Reformen dürfte eine Senkung der Zusatzbeiträge auch nur von kurzer Dauer sein. So müssen insbesondere die notwendigen Verbesserungen in der Pflege umgesetzt und finanziert werden.
e) Bereinigung einer befristeten Sonderregelung für Tagespflegepersonen
Mit dem Gesetzentwurf soll eine bis zum 31. Dezember 2018 ohnehin befristete Sonderregelung für Tagespflegepersonen bereinigt werden. Bisher ist für eine Tagespflegeperson, die bis zu fünf gleichzeitig anwesende Kinder in Tagespflege betreut, pauschalierend keine hauptberufliche Selbstständigkeit anzunehmen, um eine beitragsfreie Familienversicherung zu ermöglichen bzw. bei freiwilliger Versicherung nicht die höhere Mindestbemessungsgrundlage für hauptberuflich selbstständig Tätige anzuwenden. Für eine Verlängerung der Ausnahmeregelung bestehe laut der Begründung des Gesetzentwurfes keine Notwendigkeit. Mit Wegfall der Sonderregelung würden Tagespflegepersonen künftig als hauptberuflich Selbstständige von der vorgesehenen Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage profitieren und nun auch den gesetzlichen Krankengeldanspruch (§ 44 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB V) wählen können.
SoVD-Bewertung: Der Argumentation des Gesetzentwurfes zur fehlenden Notwendigkeit einer Verlängerung der Ausnahmeregelung kann nicht gefolgt werden. Trotz Absenkung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage ist mit dem Wegfall der Sonderregelung kaum ein finanzieller Vorteil verbunden, von dem zu profitieren wäre. Vielmehr haben die ehemals beitragsfrei familienmitversicherten Betroffenen künftig mit monatlichen Mindestmehrbelastungen in Höhe des durchschnittlichen Mindestbeitrags von 171 Euro pro Monat (bei einer Mindestbeitragsbemessungsgrundlage von 1.142 Euro) zu rechnen.
Auch der Hinweis auf den in der Familienversicherung fehlenden gesetzlichen Krankengeldanspruch geht in diesem Zusammenhang fehl. Zwar haben hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige – anders als Familienversicherte – grundsätzlich die Möglichkeit, die Absicherung mit gesetzlichem Krankengeld wählen zu können (§ 44 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2). Tagespflegepersonen können jedoch ebenfalls bei der Krankenkasse beantragen, als hauptberuflich selbstständig tätig eingestuft zu werden, um auch eine Krankentagegeldversicherung abschließen zu können.
Zudem hat sich an den Rahmenbedingungen der Privilegierung grundsätzlich nichts geändert. Mit dem Kinderförderungsgesetz vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2403) hat der Gesetzgeber die Sonderregelung mit Befristung bis zum 31. Dezember 2013 geschaffen. Diese Regelungen sollten den Ausbau der Kindertagespflege unterstützen und bis zum Abschluss der Ausbauphase der Kindertagesbetreuung gelten, der bis Ende 2013 erwartet wurde. Im Zusammenhang mit erforderlichen weiteren Ausbauinvestitionen in der Kindertagesbetreuung wurde auch die krankenversicherungsrechtliche Sonderregelung fortwährend verlängert, letztmalig durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) bis zum 31.12.2018. Mit dem Gesetz zum weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung (Drucksache 18/11408), das zum 1.1.2017 in Kraft getreten ist, wurde das Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ für den Zeitraum 2017–2020 abermals verlängert. Vor diesem Hintergrund spricht sich der SoVD dafür aus, die befristete Sonderregelung für Tagespflegepersonen mindestens bis zum 31.12.2020 zu verlängern.
Der Ausbau der Kindertagesbetreuung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Darum muss sichergestellt werden, dass beitragsrechtliche Mindereinnahmen infolge der Privilegierung von Tagespflegepersonen zur Unterstützung der notwendigen weiteren Ausbauphase in der Kindertagesbetreuung allein aus Steuermitteln und nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft finanziert werden.
3 Zusammenfassung
Der SoVD begrüßt die längst überfällige Wiederherstellung der vollen Beitragsparität ausdrücklich und fordert angesichts des obsolet gewordenen Zusatzbeitrags die Einführung eines kassenindividuellen Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung. Außerdem muss das Prinzip der paritätischen Verteilung der Beiträge auch in der Pflegeversicherung (wieder)hergestellt werden. Bei der Absenkung der Beitragsbemessung freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherter wird einem lange überfälligen Korrekturbedarf nachgekommen. Maßnahmen zur Überprüfung und Bereinigung „ungeklärten passiven“ Mitgliedschaften können zur Klärung und Reduzierung von gewachsenen Beitragsschulden beitragen. Mit dem Abbau von Finanzreserven des Gesundheitssystems allein zugunsten niedrigerer Zusatzbeiträge werden jedoch aus Sicht des SoVD falsche Anreize gesetzt und verstärkt. Schließlich spricht sich der SoVD dafür aus, die befristete Sonderregelung für Tagespflegepersonen mindestens bis zum 31.12.2020 zu verlängern.
DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik
Stellungnahmne: GKV-Versichertenentlastungsgesetz (GKV-VEG) [244 KB]