MDK-Reformgesetz
Stellungnahme des SoVD zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zum Entwurf eines Gesetzes für bessere und unabhänigere Prüfungen
(MDK-Reformgesetz)
1 Zusammenfassung des Gesetzentwurfs
Mit dem Gesetzentwurf sollen insbesondere organisatorische Neustrukturierungen und zusätzliche Aufgabenwahrnehmungen für die Medizinischen Dienste umgesetzt werden. Ziel ist eine stärkere Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste. Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) sind die sozialmedizinischen Beratungs- und Begutachtungsdienste des Systems der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Sie unterstützen und beraten die Kranken- und Pflegekassen in medizinischen und pflegerischen Fragen, begutachten die Leistungsabrechnungen und führen Qualitätskontrollen durch. Sie sind zudem Ansprechpartner für die Versicherten beispielsweise im Rahmen von Behandlungsfehlerverfahren. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) berät die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung auf Bundesebene und koordiniert die fachliche Arbeit der MDK in den Ländern. In den letzten Jahren wurde wiederholt kritisch hinterfragt, inwieweit die Dienste unabhängig von den Kranken- und Pflegekassen sind.
Zudem zielt der Entwurf insbesondere mit der Schaffung von Anreizen für eine korrekte Abrechnung von Krankenhausleistungen auf eine Verbesserung der Effizienz und Effektivität der Krankenhausabrechnungsprüfung ab. Daneben sollen die öffentlichen Sitzungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zugänglicher und transparenter gestaltet werden. Schließlich sollen sogenannte Solidargemeinschaften, die bereits vor Einführung der Krankenversicherungspflicht in Deutschland ihre Mitglieder im Krankheitsfall abgesichert haben, als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall anerkannt und damit von dem ansonsten bestehenden Versicherungsschutz bei der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung befreit werden.
Das Gesetz soll in weiten Teilen am 1. Januar 2020 in Kraft treten.
2 SoVD-Gesamtbewertung
a) Einheitliche Rechtsform der Medizinischen Dienste
Die MDK sollen künftig einheitlich als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts unter der Bezeichnung MD geführt werden. Die föderale Struktur der MDK wird beibehalten. Der MDS soll unter der Bezeichnung Medizinischer Dienst Bund (MD Bund) vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen e.V. (GKV-Spitzenverband) organisatorisch künftig gelöst und ebenfalls als Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt werden.
SoVD-Bewertung: In Deutschland gibt es 15 eigenständige MDK, die nach Bundesländern organisiert sind. Während in den alten Bundesländern die MDK mit Ausnahme Berlins als rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgestaltet sind, sind sie in den neuen Bundesländern als Arbeitsgemeinschaften in einer privatrechtlichen Rechtsform als eingetragene Vereine organisiert. Auch der MDS wurde mit dem Übergang in die Trägerschaft des GKV-Spitzenverbandes am 1. Juli 2008 mit der Rechtsform eines eingetragenen Vereins ausgestaltet. Der SoVD begrüßt die einheitliche Rechtsform. Sie beendet die Rechtsformvielfalt unter den Medizinischen Diensten und betont die Unabhängigkeit, Bedeutung und Stellung als eine mit öffentlichen Aufgaben betraute eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts neben den anderen Selbstverwaltungsorganisationen im Sozialversicherungsrecht.
b) Neustrukturierung der Verwaltungsräte der medizinischen Dienste
Die Zusammensetzung der Verwaltungsräte der Medizinischen Dienste wird neu geregelt. Im Verwaltungsrat der Medizinischen Dienste sollen nicht mehr nur Vertreter*Innen der Selbstverwaltung der Krankenkassen, sondern künftig sowohl Vertreter*Innen der Patient*innen, der Pflegebedürftigen und der Verbraucher*Innen wie auch der Ärzteschaft und der Pflegeberufe vertreten sein. Damit soll stärker als bisher das System der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung im Verwaltungsrat der Medizinische Dienste abgebildet werden. Dagegen sollen hauptamtlich Beschäftigte bei Krankenkassen und deren Verbänden nicht mehr in die Verwaltungsräte der Medizinische Dienste wählbar sein. Der Verwaltungsrat des Medizinischen Dienstes Bund soll von den Verwaltungsräten der Medizinische Dienste gewählt werden. Die bisherige Mitgliederversammlung des MDS entfällt.
SoVD-Bewertung: Der SoVD begrüßt grundsätzlich die vorgesehene Beteiligung der Vertreter*Innen der Patient*innen, der Pflegebedürftigen und der Verbraucher*Innen in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste. Die Beteiligung von hauptamtlich Beschäftigten bei Krankenkassen und deren Verbänden in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste ist eine Fehlentwicklung und wird zurecht zur Stärkung der Unabhängigkeit der Dienste von den Krankenkassen korrigiert. Äußerst kritisch sieht der SoVD hingegen die künftige Beteiligung der Leistungserbringer in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste. Während der Gesetzgeber mit dem Entwurf einerseits die Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste von den Kranken- und Pflegekassen stärken will, werden zeitgleich erhebliche Zweifel an der künftigen unabhängigen Aufgabenwahrnehmung durch die vorgesehene Beteiligung von Vertreter*innen der Leistungserbringer in den Verwaltungsräten neu entfacht. Zu den Aufgaben der Medizinischen Dienste gehören u.a. die Begutachtungen und Qualitätsprüfungen der Entscheidungen und Leistungen eben jener Berufsgruppen. Als maßgebliche Entscheidungsgremien stellen die Verwaltungsräte auch die Haushaltspläne fest. Bei der Wahrnehmung der Kontroll- und Lenkungsfunktion der Medizinischen Dienste durch Vertreter*innen der Berufsgruppen sind berufsperspektivische Interessenskonflikte zu befürchten. Damit sind kritische Fragen zur berufsperspektivisch unabhängigen Aufgabenwahrnehmung im System der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung vorprogrammiert. Schließlich erscheint die Reduzierung der Zahl der Vertreter*innen der Kostenträger in den Verwaltungsräten auf lediglich sechs Personen fraglich. Mit der geplanten Neustrukturierung der Verwaltungsräte wird die Tendenz zunehmender Eingriffe in die Strukturen der Sozialen Selbstverwaltung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und Pflegeversicherung nach dem Entwurf zum Fairen – Kassenwahl – Gesetz spürbar fortgesetzt. In diesem Zusammenhang wiederholt der SoVD seine Forderung aus seiner Stellungnahme¹ zu dem Referentenentwurf eines Fairen – Kassenwahl – Gesetzes nach einer generellen Stärkung der Sozialen Selbstverwaltung und grundlegenden Reform der Sozialwahlen. Im Hinblick auf die Wahl des Verwaltungsrates des Medizinischen Dienstes Bund muss für eine durchgreifende Legitimationskette klargestellt werden, dass die Wahl „aus der Mitte“ der Verwaltungsräte der Medizinischen Dienste erfolgen muss.
c) Ausgestaltung der Aufgabenwahrnehmung der Medizinischen Dienste
Der Medizinische Dienst Bund soll künftig neben seiner bisherigen Aufgabenwahrnehmung (Koordination und Förderung der Aufgabenwahrnehmung und der Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste in medizinischen und organisatorischen Fragen sowie die sozialmedizinische Beratung des GKV-Spitzenverbandes) die Beschlussfassung über die Richtlinien für die Aufgabenwahrnehmung der Medizinischen Dienste vornehmen. Dies gilt künftig auch für Richtlinien für die Aufgabenwahrnehmung im Bereich der sozialen Pflegeversicherung. Damit erfolgt diese Aufgabenwahrnehmung nicht mehr durch den GKV-Spitzenverband. Alle Richtlinien werden künftig vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) genehmigt, d. h. auch die bislang nicht genehmigungspflichtigen Richtlinien für die Tätigkeit der MD für die gesetzliche Krankenversicherung. Weiter soll bei jedem Medizinischen Dienst und beim Medizinischen Dienst Bund eine unabhängige Ombudsperson mit Berichtspflichten eingeführt werden, an die sich Beschäftigte bei Beeinflussungsversuchen durch Dritte oder Versicherte bei Beschwerden über den Medizinischen Dienst vertraulich wenden können.
Daneben soll die Einschaltung des Medizinischen Dienstes bei Ablehnung von Leistungsanträgen durch die Krankenkassen aus medizinischen Gründen verpflichtend geregelt werden. Hat die Krankenkasse den Leistungsantrag des Versicherten ohne vorherige Prüfung durch den Medizinischen Dienst abgelehnt, hat sie künftig vor dem Erlass eines Widerspruchsbescheids eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen. Dies stand zuvor im Ermessen der Krankenkassen.
SoVD-Bewertung: Gegen die Übertragung der Beschlussfassung über die Richtlinien für die Aufgabenwahrnehmung auf den Medizinischen Dienst Bund bestehen diesseits keine Bedenken. Umso mehr begrüßt der SoVD ausdrücklich die Regelung zur verpflichtenden Einschaltung des Medizinischen Dienstes bei Ablehnung von Leistungsanträgen durch die Krankenkassen aus medizinischen Gründen. Damit werden die Rechte der Versicherten deutlich verbessert und gestärkt. Bisher war es in diesen Fällen den Krankenkassen freigestellt, ob sie eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst veranlassten oder nicht, sodass eine ablehnende Leistungsentscheidung mit der Begründung mangelnder medizinischer Erforderlichkeit ohne unabhängige fachliche Beurteilung möglich war. In diesem Zusammenhang wird angeregt, in geeigneten Fällen und auch bei Wunsch der Patient*innen – wie früher möglich – eine körperliche Untersuchung durch einen Arzt oder Ärztin der entsprechenden medizinischen Fachrichtung anstelle einer Prüfung nach reiner Aktenlage zu ermöglichen. Insgesamt wird dadurch sichergestellt, dass vor der möglichen Erhebung einer Klage vor dem Sozialgericht bereits eine gutachterliche Stellungnahme einer unabhängigen Prüfinstanz vorliegt und somit Fehleinschätzungen im Widerspruchsverfahren noch korrigiert werden können. Dies entlastet die Sozialgerichte und trägt zur Verfahrensbeschleunigung bei. Zugleich betont die Regelung auch die Bedeutung und Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste als auf sozialmedizinische Bewertungen ausgerichteter Begutachtungs- und Beratungsdienst des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Vorgaben zu unabhängigen Ombudspersonen in den Medizinischen Diensten und deren Aufgaben schafft zusätzliches Vertrauen bei Beschäftigten und Versicherten und wird ebenfalls begrüßt.
d) Regelungen zu Krankenhausabrechnung
Mit dem Gesetzentwurf soll die Krankenhausabrechnung durch Anreize für eine korrekte Abrechnung des einzelnen Krankenhauses reformiert werden. Die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses soll zukünftig den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Medizinischen Dienste bestimmen. Hierzu wird ab dem Jahr 2020 eine zulässige Prüfquote je Krankenhaus bestimmt, die den Umfang der von den Krankenkassen beauftragten Prüfungen der Medizinischen Dienste begrenzt. Die Höhe der quartalsbezogenen Prüfquote ist ab dem Jahr 2021 von dem Anteil der korrekten Abrechnungen eines Krankenhauses abhängig. Eine gute Abrechnungsqualität senkt die zulässige Prüfquote, eine schlechte Abrechnungsqualität lässt die zulässige Prüfquote ansteigen. Schlechte Abrechnungsqualitäten haben zukünftig zudem negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus. Parallel soll künftig keine Prüfung der Abrechnung von tagesbezogenen Pflegeentgelten mehr möglich sein. Zudem sollen strittige Kodier- und Abrechnungsfragen durch weitere Maßnahmen reduziert werden, wie beispielsweise Vorgabe von Fristen für eine zeitnahe Entscheidung. Durch ein Bündel an Maßnahmen soll die Effizienz und Effektivität der Krankenhausabrechnungsprüfung zusätzlich gestärkt werden, wie etwa durch das klarstellende Verbot von Sondervereinbarungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern, die anstelle von Abrechnungsprüfungen pauschale Rabatte vorsehen. Die Regelungen zielen insgesamt darauf ab, vielfach bestehende Konflikte und eine unnötige Ressourcenbindung in Krankenhäusern, bei Krankenkassen und bei den Medizinischen Diensten zu vermeiden.
SoVD-Bewertung: Die Krankenhausabrechnung und die im Auftrag der Krankenkassen durch die MDK durchgeführte Krankenhausabrechnungsprüfung sind seit Jahren Anlass von Streitigkeiten zwischen Krankenkassen, den Medizinischen Diensten und Krankenhäusern. Dabei bindet die Abrechnung, Prüfung und Überprüfung, einem „Wettrüsten der Akteure“ gleich, eine Vielzahl an personellen und finanziellen Ressourcen. Zur Berechnung und Prüfung setzen die Akteure in der Regel medizinisches Fachpersonal und Ärzt*innen ein, die zur Patientenversorgen fehlen. Zugleich werden Beitragsgelder der Versicherungsgemeinschaft verbraucht, anstatt zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung der Versicherten verwendet zu werden. Vor diesem Hintergrund begrüßt der SoVD die Intention des Gesetzgebers, den administrativen wie kostenintensiven Aufwand der Krankenhausabrechnung und -prüfung durch entsprechende Maßnahmen zu reduzieren. Leistungen müssen korrekt abgerechnet und in einem angemessenen Maße überprüft werden. Ob die vorgesehenen Maßnahmen, wie etwa die quotenregulierenden Anreize, den erhofften positiven Effekt auf die Prüfergebnisse und das Abrechnungsverhalten insgesamt haben werden, bleibt abzuwarten. Soweit schlechte Abrechnungsqualitäten zukünftig negative finanzielle Konsequenzen für das Krankenhaus haben werden, ist dies aus Sicht des SoVD sinnvoll. Ebenso begrüßt der SoVD die Klarstellung der Unzulässigkeit der Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verweildauer im Rahmen des Pflegebudgets. Zurecht wird darauf hingewiesen, dass eine durch einzelne Kostenträger veranlasste Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verweildauer lediglich zu einer Umverteilung zwischen den Kostenträgern führen würde, nicht aber zu einer insgesamt verminderten Zahlung. Die Folge sind neben einer hohen Zahl an Prüftaufträgen an die Medizinischen Dienste auch Wettbewerbsverzerrungen unter den Krankenkassen. Der Anreiz liegt darin, dass die Feststellung der Unwirtschaftlichkeit der Verweildauer auf der Grundlage einer Prüfung der Medizinischen Dienste zu einer Rückerstattungsverpflichtung des Krankenhauses führt. Da jedoch die entstehenden krankenhausindividuellen Pflegepersonalkosten vollständig zu finanzieren sind, würde eine Kürzung der Pflegeentgelte lediglich zu einer Umverteilung zwischen den Krankenkassen führen und zwar abhängig davon, wie erfolgreich eine Krankenkasse das Prüfgeschäft betreibt. Dies würde dazu führen, dass alle Krankenkassen in intensive Prüfungen eintreten, um nicht Wettbewerbsnachteile zu erleiden. Da dies nicht Sinn und Zweck der Prüfungen der Medizinischen Dienste sein kann und darf, wird gesetzlich vorgegeben, dass eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verweildauer im Rahmen des Pflegebudgets unzulässig ist. Dem schließt sich der SoVD an. Die Entstehung unnötigen Prüfaufwands wird damit vermieden. Nachvollziehbar ist auch die Klarstellung der Unzulässigkeit von Sondervereinbarungen, die pauschale Rabatte anstelle von Abrechnungsprüfungen vorsehen, soweit diese keinen Anreiz böten, richtig zu kodieren und abzurechnen, sondern vielmehr die Gefahr der Förderung der Unwirtschaftlichkeit zu bergen. Angesichts der komplizierten Abrechnungsregelungen und dem geteilten Wunsch, grundlegend unnötigen administrativen Aufwand zu vermeiden, drängt sich im Ergebnis auch die Frage nach einer grundlegenden Reform des Systems auf.
e) Stärkung der Transparenz und Öffentlichkeit der Sitzungen des G-BA
Um die Öffentlichkeit der Sitzungen des G-BA zu stärken und damit die Transparenz seiner Entscheidungen weiter zu verbessern, wird dem G-BA aufgegeben, seine öffentlichen Sitzungen live im Internet zu übertragen sowie in einer Mediathek für einen späteren Abruf zur Verfügung zu stellen.
SoVD-Bewertung: Der SoVD unterstützt die geplanten Maßnahmen. Der G-BA ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Er regelt für ca. 73 Millionen gesetzlich Versicherte, welche medizinischen Leistungen sie beanspruchen können und beschließt Maßnahmen der Qualitätssicherung für die ambulante und stationäre Versorgung. Der SoVD vertritt die Interessen u.a. der Patient*innen und gesetzlich Krankenversicherten sowie der pflegebedürftigen und behinderten Menschen u.a. bereits seit 2004 auch im G-BA.
f) Anerkennung von Solidargemeinschaften
Sogenannte Solidargemeinschaften, die bereits vor Einführung der Krankenversicherungspflicht in Deutschland ihre Mitglieder im Krankheitsfall abgesichert haben, sollen als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall gesetzlich anerkannt werden. Solche Solidargemeinschaften stehen außerhalb der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung. In Deutschland gehören insgesamt rund 10.000 Mitgliedern solchen Solidargemeinschaften an.
SoVD-Bewertung: Die Anerkennung der sogenannten Solidargemeinschaften ist im Ergebnis eine Entsolidarisierung bestehender gesetzlich Versicherungssysteme. Der SoVD warnt vor einer weiteren Zersplitterung der Kassenlandschaft und lehnt die Regelung entschieden ab. Statt alle Bürger*innen solidarisch unter den gleichen Versicherungsschutz und unter den gleichen Voraussetzungen Zugang zu den nötigen Leistungen zu gewähren, etabliert man mit der vorgesehenen Regelung neben der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung eine dritte Form der Absicherung im Krankheitsfall. Der SoVD setzt sich für die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung in der Gesundheit und Pflege für die gesamte Bevölkerung in Deutschland auf der Grundlage der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ein. Die Anerkennung von sogenannten Solidargemeinschaften steht dem Gedanken einer einheitlichen Solidargemeinschaft wie der Bürgerversicherung entgegen.
3 Zusammenfassung
Der SoVD begrüßt grundsätzlich die mit dem Gesetzentwurf angestrebte Stärkung und Gewährleistung der Unabhängigkeit der Medizinischen Dienste, lehnt jedoch bei der Neustrukturierung der Zusammensetzung der Verwaltungsräte der Medizinischen Dienste die geplante Beteiligung der Leistungserbringer ab. Positiv hervorzuheben ist die Stärkung der Rechte der Versicherten durch die vorgesehene verpflichtende Einschaltung des Medizinischen Dienstes bei Ablehnung von Leistungsanträgen durch die Krankenkassen aufgrund fehlender medizinischer Erforderlichkeit. Hingegen warnt der SoVD vor einer weiteren Zersplitterung der Solidargemeinschaft durch die Anerkennung sogenannter Solidargemeinschaften.
DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik