Der Beschluss ist da, der Start ist holprig
Die beschlossene Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarkts hält Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland (SoVD) in Hamburg, für einen guten Ansatz – die Umsetzung wirft für ihn allerdings noch Fragen auf: Wird dieses Förderinstrument, wie versprochen, dazu führen, dass viel mehr Langzeitarbeitslose als bisher wieder einen Job finden? Werden Unterstützungsmaßnahmen direkt bei den Unternehmen bzw. Beschäftigungsträgern angesiedelt? Wicher ist optimistisch, dass die Einführung eines sozialen Arbeitsmarkts gute Möglichkeiten für diese Menschen bieten könnte – denn: „Langzeitarbeitslose finden nur selten aus eigener Kraft einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt.“
Langzeitarbeitslosen will die Bundesagentur für Arbeit nun mit Lohnzuschüssen und begleitenden Maßnahmen neue Perspektiven für den Weg zurück ins Arbeitsleben eröffnen. Von dem neuen Programm sollen insgesamt 150.000 Langzeitarbeitslose profitieren, in Hamburg könnte es rund 3.000 Menschen eine Zukunft bieten. Unbürokratische Jobangebote und ein Coaching sollen dabei helfen, dass diese Menschen wieder eine Tagesstruktur finden und ein eigenes Einkommen erwirtschaften – vielleicht sogar fit für den ersten Arbeitsmarkt werden. „Der SoVD fordert schon seit langem die Einrichtung eines sozialen Arbeitsmarkts. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung endlich Nägel mit Köpfen gemacht hat“, kommentiert der Hamburger SoVD-Landeschef Klaus Wicher den Vorstoß. Besonders die Tatsache, dass diese Menschen nach Tarif oder ortsüblich bezahlt werden sollen, findet seine Zustimmung: „Damit werden die Tätigkeiten auf dem sozialen Arbeitsmarkt als vollwertige Jobs angesehen und aufgewertet.“
Was hat sich seit der Einführung des Gesetzes Anfang 2019 getan?
Das bisherige Ergebnis ist ernüchternd: Im Vergleich zum Oktober 2018 sind geförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bundesweit, und auch in Hamburg, eher verlorengegangen als dass neue dazu gekommen wären. So ist das hochgesteckte Ziel, bis zu 150.000 geförderte und teilhabeorientierte Arbeitsplätze zu schaffen, nicht realisierbar und gerät mehr und mehr in das Reich der Fabelwelten.
Woran liegt das?
Viele von denjenigen, die jetzt noch langzeitarbeitslos sind, brauchen Unterstützung, um in Arbeit zurück zu kommen. Wer seelisch oder gesundheitlich, familiär oder finanziell in Nöten ist und seit Jahren keine Arbeit gefunden hat, braucht Zeit und auch konkrete Hilfen, um sich in oft stressigen Situationen mit vielen neuen Personen zu orientieren. Auch deshalb müssen die in Hamburg ansässigen Beschäftigungsträger in größerem Umfang als bisher eingebunden werden. Denn sie sind darauf spezialisiert, diese Menschen angemessen zu fördern. Eine Anhörung im Rathaus von Rot-Grün hatte schon 2018 klargestellt, dass Beschäftigungsträger in großem Umfang eingebunden werden müssen, damit das Programm erfolgreich sein kann. Dass dies nicht zum Nulltarif zu haben sein würde, war allen klar.
Die Beschäftigungsträger müssen schnellstens finanziell in die Lage versetzt werden, den Geschäftsbetrieb sicher zu stellen und die notwendigen Unterstützungen zu organisieren. Insbesondere der Hamburger Senat muss laufende Mittel für eine „Basisbereitschaft“ zur Verfügung stellen, damit die Beschäftigungsträger stabile und dauerhafte Strukturen aufbauen können. Projektfinanzierungen wären eine zusätzliche und sinnvolle Ergänzung: „Der Senat ist aufgefordert, mit eigenen Haushaltsmitteln diesen neuen sozialen Arbeitsmarkt in Hamburg auf ein solides Fundament zu stellen“, fordert Wicher.
Das fordert der SoVD Hamburg
„Menschen in Arbeit zu bringen, ist auch der Weg aus der Armut heraus“, ergänzt der SoVD-Landechef. Um das Bundesprogramm „Teilhabechancengesetz“ zum Erfolg zu führen und einen eigenen sozialen Arbeitsmarkt in Hamburg zu begründen, fordert der SoVD deshalb vom Hamburger Senat:
- Eine Basisfinanzierung für die Beschäftigungsträger
- Co-Finanzierungsmittel für Projekte bei Beschäftigungsträgern und Maßnahmen aus dem Bundesprogramm
- Ausbau der Beschäftigungsträgerlandschaft
- Mittel aus dem Hamburger Haushalt für die zusätzliche Beschäftigung von bis zu 3.000 Langzeitarbeitslosen