Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes
1 Zusammenfassung des Gesetzentwurfs
Mit einer Ergänzung im Infektionsschutzgesetz soll eine Benachteiligung aufgrund einer Behinderung bei der Zuteilung pandemiebedingt nicht ausreichender überlebenswichtiger, intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten verhindert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2021 (1 BvR 1541/20) entschieden, dass sich aus Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) für den Staat ein Auftrag ergibt, Menschen wirksam vor einer Benachteiligung wegen ihrer Behinderung durch Dritte zu schützen. Dieser Schutzauftrag könne sich in bestimmten Konstellationen ausgeprägter Schutzbedürftigkeit zu einer konkreten Schutzpflicht verdichten. Dazu gehörten die gezielte, als Angriff auf die Menschenwürde zu wertende Ausgrenzung von Personen wegen einer Behinderung, eine mit der Benachteiligung wegen Behinderung einhergehende Gefahr für hochrangige grundrechtlich geschützte Rechtsgüter wie das Leben oder auch Situationen struktureller Ungleichheit. Der Schutzauftrag verdichtet sich, weil das Risiko der Benachteiligung wegen einer Behinderung bei der Zuteilung knapper, überlebenswichtiger intensivmedizinischer Ressourcen bestehe. Zur Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sieht der Referentenentwurf die folgenden zentralen Regelungen vor:
- Der Anwendungsbereich beschränkt sich ausschließlich auf Fälle der pandemiebedingten Knappheit intensivmedizinischer Behandlungskapazitäten und gilt für alle intensivpflichtigen Patient*innen, unabhängig von der Ursache der intensivmedizinischen Behandlungsbedürftigkeit;
- Die Klarstellung eines allgemeinen Benachteiligungsverbots;
- Die Entscheidung über die Zuteilung nur unter Berücksichtigung der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit;
- Komorbiditäten dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich verringern;
- Ausdrücklicher Ausschluss der sogenannten Ex-Post-Triage;
- Die Regelung eines Mehraugen-Prinzips;
- Regelung von Dokumentationspflichten und
- Verpflichtung der Krankenhäuser zur Sicherstellung der Zuständigkeiten und der Verfahrensabläufe.
2 Gesamtbewertung
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3 Zu den einzelnen Regelungskomplexen
Anwendungsbereich erweitern
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Allgemeines Benachteiligungsverbot wichtig
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Aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit als maßgebliches Entscheidungskriterium wird befürwortet
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Ausschluss der Ex-Post-Triage ist richtig
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Ausnahme vom Mehraugenprinzip droht die Regel zu werden
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Dokumentation, Einsichtsrecht und Evaluation sind notwendig
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Vorgaben für Verfahrensabläufe sind ergänzungsbedürftig
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Spezifische Vorgaben zur Aus- und Weiterbildung notwendig
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DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik
zur vollständigen SoVD-Stellungnahme zur Impfpflicht [215 KB]