Steigende Mieten sind nicht erst seit der Pandemie ein Problem für die Hamburger*innen. Die Stadt Berlin hatte der Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt den Kampf angesagt und den Mietendeckel eingeführt, den das Verfassungsgericht aber kürzlich kippte. Der SoVD Hamburg hat mit Dr. Rolf Bosse, designierter neuer Geschäftsführer des Hamburger Mietervereins und Nachfolger von Sigmund Chychla, über Mietbegrenzungen und sozialen Wohnungsbau gesprochen.
Herr Bosse, der Berliner Mietendeckel ist verfassungswidrig. Welches Instrument ist aus Ihrer Sicht grundsätzlich sinnvoll, damit Mieten und Wohnen bezahlbar bleiben?
Eine mietpreisdämpfende Regelung muss nicht nur wirksam, sondern verfassungsrechtlich Bestand haben. Die Mietpreisbremse, die es in Deutschland seit 2015 gibt, hat leider kaum Wirkung gezeigt; Mieter können sie kaum nachverfolgen. Außerdem gibt es zu viele Ausnahmen, die die Vermieter natürlich ausnutzen. Wir fordern deshalb, dass diese gestrichen werden und Mietpreisüberhöhungen als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.
Wie sieht es in Hamburg aus?
Der Hamburger Mietenspiegel hilft seit 1976, den Anstieg der Mieten zu bremsen, besonders bei vermieteten Wohnungen. Allerdings verteuerten sich neuvermietete oder modernisierte Altbauten unkontrolliert stark. Das führte zu einem überproportional starken Anstieg der Mieten im Mietenspiegel. Hier muss nachgesteuert werden.
Welche Wirkung haben Sozialwohnungen? Reichen die vom SoVD Hamburg geforderten 5.000 Sozialwohnungen pro Jahr?
Sozialwohnungen bleiben bei der Erstellung des Mietenspiegels außen vor. Sie haben keinen Einfluss auf Mieten der nicht geförderten Wohnungen. Der Sozialwohnungsbestand ist von fast 400.00 auf aktuell weniger als 80.000 zusammengeschrumpft. Um den Bedarf zu decken, bräuchten wir mindestens 10.000 neue Sozialwohnungen jährlich in den nächsten zehn Jahren. Wenn 5000 jährlich neu entstehen, würde das immerhin die ersetzen, die aus der Preisbindung fallen – und den Bestand erhöhen, allerdings nur sehr moderat. Wichtig ist, die Preisbindung möglichst lange aufrecht zu erhalten. Der Mieterverein tritt auch dafür ein, dass Wohnungen, die auf städtischen Grund gebaut werden, unbefristet preisgebunden bleiben.
Wer hat Anspruch auf eine Sozialwohnung?
In Hamburg gibt es leider viele, die keinen Anspruch haben, weil ihr Einkommen knapp über den zulässigen Grenzen liegt. Wegen der hohen Mieten im Neubau oder der stark gestiegenen Bestandsmieten finden sie aber auch nichts auf dem freien Markt. Das heißt: Wir brauchen mehr bezahlbare Mieten auch im preisfreien Neubau. Die Kosten hier könnten schon sinken, wenn städtische Grundstücke nicht verkauft, sondern im Wege des Erbbaurechts vergeben würden.
Wie sehen Sie Rolle der SAGA als städtisches Unternehmen?
Wegen ihrer verhältnismäßig niedrigen Mieten sind die mehr als 130.000 Wohnungen der SAGA zusammen mit dem Wohnungsbestand der Genossenschaften ein wichtiger und stabilisierender Faktor auf dem Hamburger Wohnungsmarkt. Doch auch hier gibt es Potenzial für Verbesserungen, etwa durch mehr Neubauten, geringere Eingangsmieten und moderatere Mietsteigerungen. Hamburg hat mit der wirtschaftlich gut aufgestellten SAGA die Möglichkeit, die Wohnraumversorgung positiv im Sinne der Mieter zu beeinflussen. Der Senat sollte diese Chance stärker mutzen, als bisher.
Wie bewerten Sie die Ankündigung des Senats, mehr Sozialwohnungen fertigzustellen?
Angesichts der vielen aus der Bindung fallenden Wohnungen, ist die Neubaupolitik in der Hansestadt im Bundesvergleich erfreulich - aber noch keine Trendumkehr. Eine solche brauchen wir aber dringend! Erforderlich sind Anreize, mehr öffentlich geförderte und bezahlbare, preisfreie Wohnungen zu bauen. Eine Voraussetzung ist, dass kommunale Grundstücke auch kommunal bleiben und im Wege des Erbbaurechts an diejenigen vergeben werden, die dort bezahlbaren Wohnungsbau schaffen wollen. Jede Investition der Stadt in Wohnraum, der dauerhaft preisgebunden ist, ist nicht nur sinnvoll, sondern gleichzeitig auch eine Kapitalanlage, von der ganz viele in der Stadt etwas haben.