Im Mai wird ein neues Europaparlament gewählt und allein in Deutschland bleibt dann mehr als 81.000 Menschen mit Behinderung der Gang an die Urne verwehrt. „Obwohl wir in unserem Land schon viel bei der Inklusion erreicht haben, dürfen bei uns Menschen, denen zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer oder eine Betreuerin zur Seite steht, nach geltendem Recht nicht wählen“, erläutert der erste Hamburger SoVD-Landesvorsitzende Klaus Wicher die Problematik. „In der Koalitionsvereinbarung hat die GroKo zwar ein inklusives Wahlrecht für alle festgeschrieben, die Umsetzung steht aber immer noch aus. Diese Strategie des auf die lange Bank Schiebens hat jetzt zur Folge, dass den Betroffenen eine politische Meinungsäußerung verwehrt bleibt!“ Wicher hat mit vielen von ihnen gesprochen: „Auch, wenn man betreut lebt, heißt das nicht, dass man keine politische Meinung hat. Wer deshalb nicht wählen darf, wird komplett entmündigt!“
Der Hamburger SoVD-Chef fordert deshalb in punkto Wahlrecht mehr Inklusion: „In Europa leben über 80 Millionen Menschen mit Behinderung. Sie haben bis zum heutigen Tag nicht nur das Problem, möglicherweise nicht wählen zu dürfen, im Europaparlament sitzt außerdem kein einziger Abgeordneter mit Behinderung, der darüber mitentscheiden darf, wie sich Europa in dieser Hinsicht weiterentwickelt. Abgeordnete mit einer Behinderung müssen daher auch im Europaparlament vertreten sein.“
Auch mit der Ausgestaltung des Wahlverfahrens und der Wahlmaterialien ist Wicher unzufrieden: „Komplizierte Briefwahlunterlagen und die oft fehlende Barrierefreiheit der Wahlräume behindern Menschen mit Handicap an der Stimmabgabe. Es muss einfach selbstverständlich sein, dass es keine Barrieren bei Wahlen gibt.“
Zum Hintergrund: In Deutschland dürfen Menschen, denen zur Besorgung ihrer Angelegenheiten ein Betreuer oder eine Betreuerin zur Seite steht, nach geltender Rechtslage nicht wählen. Trotz der Koalitionsvereinbarung eines inklusiven Wahlrechts für alle steht die Umsetzung immer noch aus.