„Die Entwicklung der Renten bedeutet de facto über die Jahre reale Rentensenkungen, die Rentner bereits einen Kaufkraftschwund beschert haben. Das Einkommen von immer mehr derzeitiger aber auch künftiger Rentner wird am Rande oder sogar unter der Armutsgrenze liegen. Wenn die Regierung vorschlägt, dass das Rentenniveau bis 2045 nicht unter 46 Prozent des durchschnittlichen Gehaltes sinken soll ist das nicht genug. So lässt sich der soziale Abstieg nicht aufhalten“, sagt Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender des Sozialverbandes SoVD in Hamburg.
Er nennt mögliche Folgen der Renten-Schwindsucht. Die Armutsgefährdungsquote in Hamburg liegt bei über 65-Jährigen bei etwa 15 Prozent – und hat sich seit 2005 etwa um 50 Prozent erhöht. Sinkt das Niveau der Renten bis 2030 auf 46 Prozent, führt dies in Altersarmut. Daher, so Wicher, müsse das Rentenniveau nicht gesenkt, sondern angehoben werden. „Die umlagefinanzierte Rente ist zu stärken und die Rentenentwicklung ist wieder an den Bruttolohn zu koppeln. Private und betriebliche Zusatzversicherungen sind keine grundsätzliche Lösung. Heute sind schon 24.700 Hamburger Rentner auf staatliche Leistungen angewiesen, um die in Hamburg durchschnittliche Höhe der Grundsicherung von 815 Euro zu erreichen. Um den Lebensstandard zu erhalten, ist ein Rentenniveau von 53 Prozent erforderlich“. Er verwies auf versteckte Armut, Hochpreis-Mieten und Lebenshaltungskosten in Hamburg. Hier ist ein Alleinstehender arm, wenn er weniger als 964 Euro pro Monat zur Verfügung hat. Laut Statistischem Bundesamt erhält etwa jeder Neunte im Monat weniger als 987 Euro. Besonders bedroht von Altersarmut sind Frauen. Sie erhalten im Durchschnitt 822 Euro statt 1.370 Euro bei Männern.
Wicher nennt Indizien dafür, dass Rentner aus wirtschaftlicher Not arbeiten müssen. „Altersarmut, bedingt durch niedrige Renten, zwingt sie zu einem Job.“ So hat sich seit 2006 die Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Hamburger über 65 Jahre mehr als verdoppelt (9/2005: 3.477 - 9/2015: 7829). Dabei stieg die Zahl derer, die in dieser Altersgruppe nur geringfügig entlohnt werden, um 35 Prozent an (9/2005: 14.819, 9/2015: 20.024). Wicher blickt mit Sorge nach vorn: „Viel der heute noch jungen Menschen werden betroffen sein. Sie werden doppelt gefordert. Einerseits zahlen sie heute in die gesetzliche Rentenversicherung ein, mit ungewissem Ausgang. Andererseits wird ihnen geraten, zusätzlich privat für das Alter vorzusorgen. Und auch bei privaten Anbietern weiß keiner, was rauskommt.“
Der SoVD Hamburg befürwortet daher eine Reform des Rentensystems: „Die Erosion des Rentenbezuges muss aufgehalten werden. Das Rentenniveau muss steigen. Aus Sicht des SoVD tragen insbesondere Frauen, Menschen mit Behinderungen und Langzeitarbeitslose ein hohes Risiko, in Altersarmut abzurutschen. Zudem sei die Gefahr besonders hoch für Solo-Selbstständige, im Alter zu verarmen. Zu begrüßen sind die Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrentnern, die besonders niedrige Renten erhalten, so Wicher.