„In der Regierungserklärung des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz kommt 26 mal das Wort ‚Wirtschaft‘ und zweimal das Wort ‚sozial‘ vor. Dies zeigt die Schwerpunkte der Politik deutlich auf. Der SoVD Hamburg geht aber davon aus, dass eine starke Wirtschaft auch eine starke Sozialpolitik möglich macht“, sagt Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender des Sozialverbands SoVD. „Wir setzen darauf, dass Scholz auch mit einer traditionell sozialdemokratischen Sozialpolitik ernst macht. Denn der von Scholz zitierte Popper schrieb ja auch, dass vermeidbares menschliches Leid das dringendste Problem einer rationalen öffentlichen Politik ist...“
„Wer ordentlich regieren und keinen am Wegesrand stehenlassen will, muss auch in der Sozialpolitik olympisch denken: Dabei sein ist alles.“ Wicher vermisst klare Worte zu einer Politik, die sich den Benachteiligten in unserer Stadt zuwendet. Wir haben viele Probleme: Eine sehr hohe Kinder- und Familienarmut. Dabei sind Alleinstehende mit mehr als zwei Kindern mit 46 % besonders betroffen. Die Altersarmut steigt rasant an und wird bald die allgemeine Armut übertreffen. Alte Menschen benötigen kostenfreie Angebote wie haushaltsnahe Dienstleistungen in allen Bezirken, mehr aufsuchende Seniorenarbeit durch die Seniorenberatung, Seniorentreffs, die nicht ständig von der Sparpolitik bedroht werden und eine funktionierende Wohn- und Pflegeaufsicht, die sicherstellt, dass gut gepflegt wird und pflegende Angehörige eine ordentliche Unterstützung finden. Öffentliche Dienstleistung wie Kundenzentren und Bücherhallen müssen weiter ausgebaut werden. Der Allgemeine Soziale Dienst funktioniert ganz offensichtlich nicht überall. Eine Expertenkommission muss die Arbeit überprüfen und Vorschläge für sichtbare Verbesserungen erarbeiten, die dann zügig umgesetzt werden müssen. Die Sicherung des Kindeswohls erfordert diese Maßnahme dringend. Der Spardruck muss von den Hilfen zur Erziehung und von der Eingliederungshilfe genommen werden. Familien, Kinder und behinderte Menschen bedürfen unserer Unterstützung.
Es bedarf einer Politik der sozialen Gerechtigkeit, die allen eine Möglichkeit zur Partizipation und Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht. Die Schere zwischen Arm und Reich darf sich nicht weiter öffnen. „Bei aller Pragmatik, Ideologiekritik und Absage an Utopien – die vier Schwerpunkte für ein modernes Hamburg gehen an den sozialen Problemen der Stadt vorbei; es fehlt die klare Aussage, dass Hamburg auch eine soziale und sozial handelnde Stadt für diejenigen ist, die ohne Hilfe allein nicht klar kommen“, so Wicher. „Wenn wir dank starker Ökonomie, Hafen, Elbphilharmonie, Elbvertiefung und Digitalisierung auch eine lebenswerte weil sozialgerechte Stadt bekommen, dann wollen wir an das Prinzip Hoffnungsstadt glauben und auf das Glücks setzen. Aber dafür brauchen wir einen Plan, sagt Wicher. Er verweist auf zentrale Punkte wie Wohnungsbau für finanziell Schwächere, Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Obdachlose; einen sozialen Arbeitsmarkt, damit auch hier Hamburg Pionier wird; eine Kinder- und Jugendpolitikpolitik, die die Ausstattung und Bezahlung der Mitarbeiter verbessert und den Betreuungsschlüssel für eine bessere Bildungsbeteiligung unserer Jüngsten verbessert; eine offene Kinder und Jugendarbeit, die die Jugend vom Wegesrand mitnimmt; eine Politik für behinderte Menschen, die überall Inklusion vorantreibt; eine Gesundheitspolitik, die eine medizinische Versorgung auch in sozial benachteiligten Quartieren sichert; eine Kulturpolitik für eine offene Gesellschaft, bei der nicht nur die Portemonnaies entscheiden, wer dort rein darf.
An den Finanzen wird es nicht fehlen. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Senat einen Haushaltsüberschuss von 422 Mio. EUR und 100 Mio. Zinsersparnisse zu verzeichnen. Eine halbe Milliarde! Und, so Wicher, das wird in den nächsten Jahren so weiter gehen. Die Steuerschätzung und führende Wirtschaftsforschungsinstitute sagen voraus, dass sehr viel mehr Geld in die Kassen auch unserer Stadt gespült wird. Es ist ausschließlich politischer Wille, wie dieses Geld verwendet wird. Wicher weiter: „Wir können die Liste der Probleme des Lebens, die zu lösen sind, fortsetzen. Wir bieten Beteiligung und Partizipation an, wie sie Scholz fordert. Wir sind bereit, den Senat zu unterschützen. Auch der SoVD ist pragmatisch und hat Vorschläge unterbreitet. Rot-Grün ist nun gefordert“, so Wicher.