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Nachverfolgung von Corona-Infektionen: Hamburg fährt gefährlichen Egotrip

Bis Ende März sollen alle deutschen Gesundheitsämter das Programm SORMAS nutzen, um die Corona-Nachverfolgung zu optimieren. Doch in Hamburg ist die Umsetzung noch nicht mal gestartet. Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland (SoVD), nimmt Stellung:

„Angesichts der Tatsache, dass in Hamburg sehr viele Pendler*innen aus den angrenzenden Bundesländern arbeiten, sehe ich das als großen Fehler. Die überaus vorsichtige Öffnungspolitik unseres Bürgermeisters wird mit der Weigerung, sich durch das neue Programm zu vernetzen, konterkariert. Hamburg sollte diesen Egotrip nicht weiterverfolgen, sondern vielmehr Vorreiter sein.“

SORMAS soll die Verwaltung und den Austausch von Daten zur Corona-Pandemie vereinfachen, Symptome dokumentieren und diese Daten landesübergreifend teilen. Dennoch mauert die Stadt Hamburg. Stattdessen setzt man auf den „Hamburger Pandemiemanager“ mit der Begründung, eine Umstellung auf SORMAS sei in der aktuellen Pandemiesituation nicht praktikabel. Das neue System würde zusätzlichen Arbeitsaufwand bedeuten und die Reaktionszeiten verlängern. „Sich von vorneherein vor einer ganz offensichtlich besser aufgestellten Nachverfolgungssoftware zu distanzieren, halte ich für äußerst unklug. Stattdessen betreibt der Senat lieber eine Inselpolitik und verweigert damit die Zusammenarbeit mit den angrenzenden Bundesländern. Hier springt der Hamburger Senat deutlich zu kurz“, so Wicher.

Die Hamburger Politik zeige an dieser Stelle zu wenig Innovationsbereitschaft im Interesse der Bürger*innen der Hansestadt: „Gerade hier in Hamburg bleibt das Leben sehr stark eingeschränkt, weil die Inzidenz nach wie vor hoch ist. SORMAS könnte unter anderem dazu beitragen, dass wir wieder mehr öffentliches Leben haben könnten.“ Auch das Argument, dass die Einarbeitung für die Mitarbeiter*innen dauern würde, lässt Wicher nicht gelten: „In anderen Bundesländern wurde die Umstellung innerhalb von 48 Stunden inklusive Schulung geschafft. Und auch, wenn die Einarbeitung zwei Wochen dauert, müssen wir dies doch als eine Investition sehen, die langfristig ist.“

Statt zu mauern sollte man in Hamburg aktiv werden: „In unserer Stadt leben viele Menschen auf relativ wenig Raum zusammen. Hinzu kommen Tausende von Pendler*innen aus der Metropolregion, die in der Stadt arbeiten. Schon deshalb ist es immens wichtig, dass wir bei ausbrechenden Infektionen so schnell wie möglich Daten mit den Gesundheitsämtern unserer Nachbarbundesländer abgleichen können. Geschieht dies nicht, könnten in Hamburg noch mehrere kleine Lockdowns entstehen und wir hätten möglicherweise viel mehr Infizierte als wir eigentlich haben müssten.“

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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