Mit der Oma ins Theater
Konzerte, Theater, Kinobesuche – alles Dinge, die Jung und Alt Freude schenken. Doch gerade Seniorinnen und Senioren sind oftmals vom Kunst- und Kulturgenuss ausgeschlossen. Denn, wer nur eine kleine Rente hat, muss genau auf den Cent schauen, Geld für eine teure Konzertkarte ist da nicht über. Die gemeinnützige Gesellschaft „Gemeinsam! Jung und Alt für Teilhabe und Lebensfreude“ will dies in Kooperation mit dem Verein KulturLeben Hamburg ändern. Mit dem Projekt „KulturistenHoch2“ können Menschen ab 63 Jahren, mit einer Rente bis 1.000 Euro, Kinos, Konzertsäle, Museen oder Theater kostenlos besuchen.
Die Veranstalter in Hamburg finden das gut: Mehr als 100 von ihnen unterstützen das Projekt mit Kartenspenden. Und das Tolle ist: man kann nicht nur Kultur genießen, sondern auch neue Kontakte knüpfen. Denn wer sich anmeldet, bekommt jeweils zwei Karten: Für sich und für einen jungen ehrenamtlichen Begleiter aus seinem Stadtteil.
Hamburger Oberstufen-Schüler aus fünf Schulen machen mit und begleiten die Seniorinnen und Senioren an ihrem Abend. Gemeinsam erleben die jungen und die alten Menschen einen schönen Abend. „Gleichzeitig ist es gelebte soziale Verantwortung in den Stadtteilen", sagt Initiatorin und Projektleiterin Christine Worch. Dass das Projekt Sinn macht, ist für sie ganz klar: 2030 werden mehr als die Hälfte aller Hamburgerinnen und Hamburger älter als 60 Jahre sein, da müsse man jetzt dafür sorgen, dass Jung und Alt wieder mehr in Kontakt kämen, sagt sie weiter.
Ein Projekt, bei dem alle nur gewinnen können. Die älteren Menschen genießen nicht nur Kultur, sondern sind wieder näher dran an dem, was junge Leute beschäftigt. Auch für die Schüler lohnt es sich. Sie lernen das Leben kennen, wie es sich aus Sicht eines alten Menschen darstellt. Um Missverständnisse zu vermeiden geht es in einem fünfstündigen Vorbereitungskurs für die Schüler ans Eingemachte.
Wie fühlt es sich an, alt zu sein? Welche Kleinigkeiten können zum Problem für einen alten Menschen werden? Wie kann man sie im Alltag meistern? Um dies heraus zu finden steigen die Schüler in einen Anzug, der das Alter simuliert, außerdem lernen sie, mit einem Rollator Stufen, Schwellen und Bordsteine zu überwinden. Dabei wird schnell klar: im Alter werden die Knochen schwer, der Körper müde. Da versteht man dann schon, warum Seniorinnen und Senioren auch mal etwas langsamer sein können, als die jungen Hüpfer.
50 „Schüler-Senioren-Tandems“ sind inzwischen schon unterwegs gewesen, folgten dem Geschehen auf der Bühne im Altonaer Theater oder lauschten den Stimmen der Sänger in der Staatsoper. Andere möchten es lieber etwas handfester und entschieden sich für ein Rockkonzert oder einen Kinoabend beim Hamburger Filmfest.
Hardrocker von „Risin‘ Circle“ engagieren sich gegen Ausgrenzung und Altersarmut
Dass auch Menschen, die schlichtweg zu arm sind, am kulturellen Leben in Hamburg teilhaben zu können, darum kümmert sich das Projekt „KulturistenHoch2“. Sie freuen sich, dass seit Anfang des Jahres die Hardrock-Band Risin‘Circle mit im Boot ist. Die spendablen Rocker werden künftig für ihre Konzerte in der Hansestadt je zwei Karten kostenlos an KulturistenHoch2 abgeben. Seit Anfang 2017 besteht die Kooperation mit dem Projekt, das sich aktiv für die Teilnahme an Kultur und gegen Ausgrenzung und Isolation bei Altersarmut einsetzt. Das erste Hamburger Konzert der Band findet statt am 4. März in Marias Ballroom, Lassallestraße 11, in Harburg.
„Wir als Musiker wollen unseren Teil dazu beitragen, diese Brücke der Generationen zu ermöglichen“, sagt Thommy Eickhoff, stimmgewaltiger Sänger der Band. „Musik verbindet Alt und Jung seit jeher“, ergänzt er, „und heute gehört Hard-Rock eben genauso dazu, wie Opernarien oder Schlager und Volksmusik“.
So sehen das auch die Organisatoren von KulturistenHoch2, die kürzlich das 50. Senioren-Schüler-Tandem seit dem Start im September 2016 in eine Theaterveranstaltung entsenden konnten. „Die heutigen Rentner sind teilweise mit „Born to be wild“ von Steppenwolf, den Rolling Stones und Deep Purple groß geworden. Da müssen auch unsere Veranstaltungsangebote im Projekt stimmen“, sagt das Team von KulturistenHoch2. Und die Idee macht Schule: Kultur-Tandems für generationenübergreifenden Austausch und Begegnung werden ab September 2017 in allen Hamburger Bezirken angeboten.