Knapp 1,95 Millionen unter 18-Jährige lebten in Deutschland im Dezember 2018 in sogenannten Bedarfsgemeinschaften, die auf finanzielle Unterstützung durch den Staat angewiesen waren. Das sind rund 75.000 junge Menschen – 3,7 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht.Eine Nachricht, die bei Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland (SoVD) in Hamburg, gemischte Gefühle erzeugt: „Die Verbesserungen begründen sich einzig und allein aus der Tatsache, dass sich der Arbeitsmarkt gut entwickelt und damit einhergehend die Zahl der Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger sinkt. Zu früh freuen sollte man sich aber nicht, denn auf der anderen Seite haben wir hier in Hamburg einen eklatanten Anstieg von prekären Beschäftigungsverhältnissen. Dies bedeutet oft ein Leben nur knapp über dem Hartz-IV-Satz.“
Im Jahr 2017 lebten in Hamburg 15,7 Prozent und damit 53.648 Kinder unter 15 Jahren in Familien, die auf Hartz IV angewiesen waren. Das war der höchste Wert seit zehn Jahren, 2013 lag er noch bei knapp 50.000. „Kinderarmut ist und bleibt einer der größten Skandale in einem der reichsten Länder der Erde! Wir appellieren deshalb noch einmal eindringlich an den Hamburger Senat: Sorgen Sie in Berlin dafür, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr so stark unter den Auswirkungen der Jobsituation in der Familie leiden müssen, sondern endlich einen an ihre Bedürfnisse angepassten Hartz-IV-Satz bekommen!“
Ein weiteres Hindernis für Kinder und Jugendliche, aus der Armut heraus zu kommen, ist der eingeschränkte Zugang zu Bildung: „Die finanzielle Situation der Eltern verhindert, dass Kinder an Bildung teilnehmen können“, so Wicher. Formales Wissen werde zwar in den Schulen vermittelt, das Lernen aus Erfahrungen und Praxis bleibe armen Kindern aber weitgehend versagt. „In einem der reichsten Länder der Welt kann dies nicht sein!“, kritisiert der SoVD-Landesvorsitzende. Für sie müsse es bessere Möglichkeiten geben, an außerschulischen Veranstaltungen und Angeboten teil zu haben.
Der Hamburger SoVD-Chef sieht sich durch eine kürzlich erschienene gemeinsame Arbeitsmarktanalyse von ver. di und DGB Hamburg bestätigt. Daraus geht hervor, dass in der Hansestadt die Zahl der Teilzeitbeschäftigten in den vergangenen 15 Jahren um 108 Prozent, die der Minijobber um 166 Prozent gestiegen ist. Dies erklärt sich daraus, dass viele Teilzeitbeschäftigte oft noch einen Nebenjob annehmen, um über die Runden zu kommen. Auch die Zahl der befristeten Arbeitsverträge, die in der Hansestadt geschlossen werden, ist sehr hoch und liegt mit 52 Prozent sogar knapp über den unbefristeten. Insgesamt sind in Hamburg 40 Prozent der Beschäftigungsstellen atypisch.