Wenigstens fünf Minuten in der Telefonwarteschleife, langes Warten auf einen persönlichen Termin – in Hamburg ist es gar nicht so einfach, eine persönliche Beratung in den Jobcentern und Grundsicherungsämtern zu ergattern: „Es gibt Betroffene, die ohne klare Auskunft und Ansagen nicht weiterkommen. Für sie muss es jederzeit eine Beratung vor Ort geben. Der Einzelhandel und viele Branchen haben es vorgemacht, wie man trotz hoher Infektionszahlen geöffnet bleibt. Das sollte auch für Jobcenter und Grundsicherungsämter gelten. Sie müssen sich so schnell wie möglich wieder für den terminfreien Publikumsverkehr öffnen und für kommende Pandemiezeiten besser aufstellen“, fordert Klaus Wicher, Hamburger SoVD-Vorsitzender.
Hamburger:innen, die Klärungsbedarf bei Fragen rund um den Job haben oder Hilfestellung, beispielsweise bei der Beantragung von Grundsicherung, brauchen, müssen derzeit einen langen Geduldsfaden haben, bevor sie mit einem Mitarbeitenden sprechen können. Wer anruft, um einen Termin zu vereinbaren, hängt erstmal in der Warteschleife fest. Wann es dann zu einem persönlichen Gespräch kommt – darauf muss man ebenfalls derzeit länger warten.
Für Klaus Wicher eine klare Benachteiligung der Schwachen in unserer Gesellschaft: „Die persönliche Ansprache ist besonders wichtig für die Ärmsten der Armen“. Sie könnten nicht auf einen persönlichen Termin warten, der möglicherweise erst später stattfindet: „Viele der Betroffenen stehen finanziell unter Druck und brauchen einen Vorschuss. Das ist für diese Menschen eine schwierige Situation“, so Wicher.
Der Hamburger SoVD-Landeschef hat die Probe aufs Exempel gemacht: „Ich habe bei verschiedenen Jobcentern und Grundsicherungsämtern angerufen und hing bei allen erstmal wenigstens fünf Minuten in der Warteschleife, bevor ich mit jemandem sprechen konnte. Die Kolleginnen dort waren dann sehr kooperativ und bemüht, mir zu helfen.“ Er befürchtet allerdings, dass viele Hilfesuchende bis dahin schon aufgegeben haben könnten: „Was ist, wenn 20 Personen vor mir in der Warteschleife sind? Allein das kostet mich Zeit und Geld, das ich eventuell nicht habe“. Wer beispielsweise gegen einen abschlägigen Bescheid vorgehen will, brauche das persönliche Gespräch. Sollte dies nicht zustande kommen, solle man die Vorgesetzten ansprechen: „Das muss man sich als einfache:r Antragsteller:in erstmal trauen. Ich befürchte, dass die Betroffenen an dieser Hürde scheitern. Es gibt einen Teil von „Kunden“, der es nicht schafft, online einen Termin zu holen und der ohne persönliche Beratung und Betreuung außen vorbleibt“.
Der Hamburger SoVD-Landeschef will die Corona bedingten Einschränkungen in den Hamburger Ämtern dort nicht pauschal verurteilen: „Ich erkenne an, dass sich die Mitarbeitenden große Mühe geben, schnell zu reagieren. Ich erkenne auch den Personalnotstand an, für den können allerdings die Kunden der Jobcenter und Grundsicherungsämter nichts. Auch der vereinfachte Online-Antrag für die Grundsicherung hilft vielen weiter, wenn man über die notwendige Technik verfügt, was keineswegs immer der Fall ist. Dennoch gibt es eine Gruppe von Menschen, die eine engmaschige, persönliche Betreuung benötigen. Sie müssen die Möglichkeit haben, vorbeizukommen, ohne online einen Termin zu buchen“.