Teilhabe, Barrierefreiheit und Inklusion – wer von Schwerbehinderung betroffen ist, hat dazu jede Menge zu sagen. All diese sind Themen nicht neu – aber immer noch sehr aktuell, denn die Dinge kommen nur langsam in Fahrt. Der Sozialverband SoVD Hamburg lud deshalb im Mai zu einer Veranstaltung ins Barmbek Basch ein.
Der Hamburger SoVD sieht weiterhin großen Gesprächsbedarf rund um das Thema Inklusion, vor allem auch mit Blick auf die Koalitionsverträge auf Bundes- und Landesebene. Der stellvertretender Landesgeschäftsführer des SoVD Hamburg Matthias Mollenhauer initiierte für den Sozialverband SoVD eine Veranstaltung mit Podiumsdiskussion im Barmbek Basch. Rund 30 Teilnehmende waren dabei, tauschten sich aus, diskutierten über neue Chancen und Perspektiven.
Auf dem Podium wurde der Hamburger Koalitionsvertrag zwar grundsätzlich positiver bewertet als der der Bundesregierung, trotzdem gingen die Meinungen an vielen Stellen auseinander. Ulrike Kloiber, kommissarische Senatskoordinatorin für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, liest darin gute Ansätze für mehr Bewusstsein über die Problemlagen von Betroffenen und ihren Angehörigen heraus. Für Kerrin Stumpf, stellv. Vorsitzende der LAG für Menschen mit Behinderung Hamburg, hingegen ist er zu allgemein und unverbindlich gehalten. Insgesamt sah Kloiber vor allem Chancen: „Ich habe an sehr vielen Stellen festgestellt, dass Inklusion bei den Themen mitgedacht wird. Das finde ich positiv.“ Kerrin Stumpf hatte dagegen eher Befürchtungen als Freude: „Wir werden uns das neue Teilhabezentrum mit Beschwerdestelle, Rechtsaufsicht und Qualitätsoffensive genau ansehen. Ich befürchte, dass hier Aufgaben zusammengefasst werden und eine kleine versteckte Verwaltungsreform stattfindet.“
Für Sieglinde Frieß, stellvertretende SoVD-Vorsitzende, und Ingo Egloff, Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses des SoVD Hamburg, ging es vor allem um den politischen Austausch und um einen offenen Umgang mit den Fragestellungen. Ihre Empfehlung: mehr Netzwerke, mehr Zusammenhalt. „Nur im gemeinsamen Schulterschluss und auf Augenhöhe werden wir in Zukunft mit Behörden und Verwaltung Verbesserungen für die Menschen erreichen“, sagte Egloff. In der Runde und in der sich anschließenden Diskussion wurde außerdem kritisiert, dass der Hamburger Koalitionsvertrag zwar die Umsetzung von Barrierefreiheit betont– vieles dazu aber nicht konkret formuliert. „Inklusion ist nach wie vor nicht selbstverständlich in den Köpfen der Verantwortlichen verankert, weder auf politischer noch auf sozialer oder wirtschaftlicher Ebene“, sagte Sieglinde Frieß dazu.
Zwar hat sich die Stadt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bekannt, dennoch sind bis heute nur etwa ein Drittel der öffentlichen Gebäude vollständig barrierefrei zugänglich. Dies gilt auch für viele Arztpraxen. Zudem ist die Arbeitslosenquote bei den Betroffenen überdurchschnittlich hoch, viele Unternehmen zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe, statt Jobs zu schaffen. Auch fehlen in vielen Bezirken ausreichend inklusive Wohn-, Freizeit- und Unterstützungsangebote. Immerhin hat die Politik in Hamburg signalisiert, die Interessenvertretungen dieser Menschen stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen.
Das Fazit aller Teilnehmenden war verhalten, aber durchaus optimistisch: Es ist noch viel zu tun – gemeinsam geht es besser!
Ein nächstes gemeinsames Treffen findet voraussichtlich im November statt.