Die Angehörigen werden entlastet, für die Betroffenen ändert sich nichts: Auch, wenn das neue Angehörigen-Entlastungsgesetz die Kinder von Pflegebedürftigen in Heimen entlastet, der Kostendruck für die Betroffenen selbst bleibt nach wie vor hoch. Trotz guter Rente können viele die Kosten für das Pflegeheim nicht tragen. Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland (SoVD) in Hamburg, schlägt deshalb ein „Pflegewohngeld“ vor: „Dabei handelt es sich um einen einkommensabhängigen Zuschuss zu den Investitionskosten, die jede Bewohnerin und jeder Bewohner eines Pflegeheims zahlen muss. In Hamburg wurde dieser Zuschuss 2010 abgeschafft. Andere Bundesländer halten daran fest: In Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wird das Pflegewohngeld nach wie vor gezahlt.“
In einem Schreiben vom 6. Februar 2020 hat Wicher zum wiederholten Mal die zuständige Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks zum Handeln aufgefordert: „Diese Menschen sind keine Bittsteller, sondern haben ihr Leben lang ehrlich gearbeitet und Steuern gezahlt. Es kann nicht sein, dass sie am Ende nur noch mit dem Allernötigsten auskommen müssen und nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Pflege darf nicht zum Armutsrisiko werden!“ Den Verweis auf Maßnahmen, die aus dem Bund kommen müssen, lässt Wicher nicht gelten: „Und ja, zuerst ist hier die Bundesregierung gefragt. Das heißt aber nicht, dass die Stadt darauf warten muss, dass hier irgendwann mal etwas passiert. Hamburg muss jetzt aktiv werden und ein „Pflegewohngeld“ einführen. Denn wann dazu eine Bundesregelung kommt, steht in den Sternen.“
So lange die Menschen eigenständig leben können, reicht die Rente für viele. Wer allerdings pflegebedürftig wird und in einem Heim leben muss, kann die hohen Kosten oftmals nicht mehr stemmen. Im Schnitt müssen Pflegebedürftige für die stationäre Unterbringung nach Abzug der Leistungen der Pflegekassen in Hamburg zurzeit monatlich 2.106,81 Euro dazuzahlen. Für viele Pflegebedürftige ein Betrag, den sie nicht selbst aufbringen können. Übernimmt der Staat, bleiben ihnen privat im Monat 114,48 Euro Taschengeld. Friseurbesuche, Zeitungen, Kulturausflüge, kleine Geschenke für Kinder und Enkel oder anderes sind da nur ab und zu drin. Ein vereinfachtes Beispiel macht deutlich, was die Betroffenen für die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung zahlen müssen:
790,27 € Pflegekoste nach Abzug der Leistung der Pflegekasse
784,99 € Entgelt für Unterkunft und Verpflegung
531,55 € Investitionskosten
2.106,81 € insgesamt
2.000,00 € eigenes verfügbares Einkommen
1.575,26 € abzgl. Eigenanteil ohne Investitionskosten
114,48 € abzgl. Taschengeld
310,26 € (< 531,55 €) Überhang des Einkommens = Pflegewohngeld
Der durchschnittliche Anteil der Investitionskosten an den Heimkosten beträgt aktuell 531,55 Euro monatlich. Dieses Geld wird investiert in die Herstellung, Nutzung und Erhaltung von Gebäuden und ist vergleichbar mit der „Kaltmiete“ für eine Wohnung.