Die fehlenden 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt verleiten Vertreter:innen der verschiedensten Branchen, bereits versprochene Zahlungen lautstark einzufordern. Die Hamburger Industrie hat sich gleich gemeldet und gemahnt, dass versprochene Zahlungen fließen müssten. Klaus Wicher befürchtet, dass am Ende der Sparrunde die Schwächsten der Gesellschaft die Verlierer:innen sind.
In Hamburg werden offenbar die politischen Ellenbogen ausgefahren. Diejenigen denen Geld aus dem Bundes-Corona-Topf versprochen wurde, beharren auf gegebene Zusagen: „So auch die Hamburger Industrie, die lautstark darauf pocht, dass sie trotz Milliardeneinsparzwang doch bitteschön die Gelder für ihre Projekte bekommt.“ Wicher ist empört über das Vorgehen einzelner Unternehmensvertreter:innen: „Hier wird angedeutet, dass die Hamburger Industrie existenziell gefährdet ist, wenn nicht ausreichend in den Ausbau von Wasserstoff und Energiespeicherung investiert wird. Wirtschaftsbetriebe brauchen sicher Investitionsanschübe. Aber sie dürfen nicht am staatlichen Subventionstropf hängen, sondern müssen aus eigener Kraft Veränderungen abfedern und neue Wege gehen können. Das ist Menschen, die am unteren Rand der Gesellschaft leben, nicht möglich, sie sind existenziell von staatlichen Leistungen abhängig.“ Insofern dürfe beim Sparen der Rotstift auf keinen Fall vornehmlich im Bereich Soziales angesetzt werden.
Schnell gestrickte Lösungsansätze sieht der Hamburger SoVD-Chef kritisch: „Es gibt Politiker:innen in Hamburg, die ernsthaft vorschlagen, das Bürgergeld und die Kindergrundsicherung abzuschaffen, damit versprochene Zahlungen in die Wirtschaft fließen können. Eine Haltung, die ich als zutiefst menschenverachtend empfinde. Hier möchten sich Politiker:innen offensichtlich als Hüter:innen der Schuldenbremse profilieren – und das auf Kosten derjenigen, die am wenigsten haben und sich nur schlecht wehren können.“
Die Parteien in der Stadt sollten dahingehende Einsparungsvorschläge besser abwägen: „Es ist ja so einfach, bei den sozialen Leistungen zu sparen. Wer behauptet, dass es erstrebenswert ist, von Bürgergeld zu leben, irrt gewaltig. Menschen, die davon leben, sind darauf angewiesen. Auch eine eigene Kindergrundsicherung hat ihre Daseinsberechtigung und muss endlich kommen. Sie wäre nicht ein Fass ohne Boden, sondern eine echte Investition in die Zukunft. Denn mit ihr haben junge Menschen, die finanziell nicht gut aufgestellt sind, bessere Voraussetzungen für Bildung, Teilhabe und letztendlich eine echte Chance, ein Leben zu führen, das nicht von Armut geprägt ist.“