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„Hartz IV-Sanktionen sind menschenunwürdig!“

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Menschen, die von Hartz IV leben, werden künftig nicht mehr ganz so rigoros bestraft, wenn sie Angebote des Jobcenters ablehnen oder nicht kooperieren. Maximal um 30 Prozent dürfen ihre Bezüge nur noch gekürzt werden.

Höhere Kürzungen oder gar die komplette Streichung sind nicht mehr rechtens. Der Hamburger SoVD-Landesvorsitzende Klaus Wicher begrüßt das Urteil zwar, hält die Sanktionen aber grundsätzlich für nicht sinnvoll: „Hartz IV ist definiert als das absolute Existenzminimum. Es kann nicht sein, dass Menschen, die nur das nötigste zum Leben haben, davon noch etwas weggenommen wird. Kürzungen oder gar die komplette Streichung der Bezüge sind dann sehr harte Strafen. Das ist menschenunwürdig!“

Trotzdem will das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Sanktionen nicht grundsätzlich verurteilen: „Der Gesetzgeber kann erwerbsfähigen Bezieherinnen und Beziehern von Arbeitslosengeld II auch zumutbare Mitwirkungspflichten zur Überwindung der eigenen Bedürftigkeit auferlegen, und darf die Verletzung solcher Pflichten sanktionieren, indem er vorübergehend staatliche Leistungen entzieht", heißt es in dem Urteil. Deshalb bleibt die Praxis, den Regelsatz bis zu 30 Prozent bei Fehlverhalten zu kürzen, bestehen.

Wie hoch die Kürzungen ausfallen, hängt von der Art des Verstoßes ab. Bei drei Viertel der Fälle wird um 10 Prozent gekürzt, weil ein Termin nicht eingehalten wurde. 30 Prozent im Wiederholungsfall, 60 Prozent, oder sogar komplett, wurde das Hartz IV gestrichen, wenn eine Fördermaßnahme nicht wahrgenommen oder eine „zumutbare“ Arbeit abgelehnt wurde.

In Hamburg wurden im vergangenen Jahr knapp 4.100 Hartz-IV-Empfängerinnen und Empfänger mit Sperrungen oder Sanktionen belegt. Dabei fällt auf: Jüngere Arbeitslose unter 25 Jahren wurden öfter und härter bestraft als Ältere, mit empfindlichen Folgen für die Betroffenen. „Ein Unding, denn dieses rigorose Vorgehen motiviert keinesfalls, eine Arbeit aufzunehmen. Ganz im Gegenteil treibt es diese Menschen in den absoluten Notstand und am Ende in jungen Jahren die Obdachlosigkeit“, sagt Wicher dazu. Er fordert: „Sanktionen machen wenig Sinn. Stattdessen sollten diese Menschen besser unterstützt werden, beispielsweise durch mehr Coaching, individuelle Förderung und den Aufbau eines sozialen Arbeitsmarkts. Hier muss sich die Stadtdeutlich mehr engagieren, um möglichst vielen Langzeitarbeitslosen eine Perspektive zu eröffnen.“


Sie haben einen Kürzungsbescheid vom Jobcenter erhalten? Lesen Sie zum Hartz-IV-Urteil des BVerfG auch den folgenden Beitrag des SoVD Hamburg: Hartz-IV-Sanktionen: Ihr gutes Recht – das rät der SoVD-Fachjurist 

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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