Seit Jahrzehnten ist die Missbrauchsquote von Sozialleistungen fast immer gleich hoch. „Leistungskürzungen bei Verstößen haben gar keinen Sinn, weil sie die Motivation der Betroffenen nicht fördern und dadurch das Existenzminimum unterschritten wird. Das geht aus unserer Sicht gar nicht. Es ist Zeit für einen Lock-Down der Hartz-IV-Sanktionen.“
Etwa drei Monate stand auch in Jobcentern der Schutz der Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, Kundinnen und Kunden an oberster Stelle. Zum Zwecke der Gesundheitssicherung wurden Hartz-IV-Empfänger, die Auflagen nicht befolgen konnten, nicht durch Leistungskürzung bestraft. Damit ist mit der Wiedereröffnung der Jobcenter Schluss. Auch die Hamburger Jobcenter sind auf Weisung der Bundesagentur für Arbeit gehalten, die umstrittene und arbeitsintensive Praxis wieder aufleben zu lassen. „Die Jobcenter hätten die Chance, den respektlosen Umgang mit Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, einfach auslaufen zu lassen. Wenn sie Verstöße gegen Hartz-IV-Auflagen wieder ahnden, ist das aus der Zeit gefallen und respektlos. Wer jetzt die Corona-Maßnahmen lockert, könnte auch das Hartz-IV Regelwerk gleich mit lockern.“, sagt Wicher.
Im April, zu Beginn der Corona-Krise, wurde die Sanktions-Praxis vorübergehend eingestellt. Denn: Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens betrafen – selbstverständlich – auch Hartz-IV-Empfänger. Wicher: „Wenn Menschen in Grundsicherung jetzt wieder Strafen fürchten müssen, zeigt das, dass das Virus nicht jeden gleich trifft. Wer Grundsicherung braucht, muss ins Jobcenter. Wer sie nicht nötig hat, kann sich im Home-Office leichter fernhalten. Grundsicherung hat offenbar wenig mit Gesundheitssicherung zu tun. Ansetzen muss man bei dem was Langzeitarbeitslose können und sie darüber fördern“, so Wicher.