Direkt zum Inhalt springen

Hamburger Sozialämter vor dem Kollaps: SoVD und ver.di fordern funktionierendes Hilfesystem

„Wenn ein Mitarbeiter im Amt für Grundsicherung statt 180 Fälle das Dreifache zu bearbeiten hat und eine Mitarbeiterin sich um 300 Anliegen zur Eingliederungshilfe kümmern muss, dann sind nicht nur die Beschäftigten überlastet – dann werden aus den Menschen, die Hilfe brauchen, nur noch Fälle, die abzuarbeiten sind“, kritisiert Klaus Wicher, Vorsitzender des Hamburger Sozialverbands Deutschland (SoVD).

Hand in Hand mit den Personalräten und ver.di Hamburg fordert der SoVD: „Mehr Personal in den Bezirksämtern, bessere Bezahlung, mehr Fortbildung.“ Hamburgs Sozialsenatorin Dr. Melanie Leonhard ist auf zwei Seiten gefordert, um die dramatische Situation in den Ämtern zu verbessern: „Auf der einen Seite steht sie in der Sorgfaltspflicht gegenüber den Menschen, die auf Sozialleistung angewiesen sind. Auf der anderen Seite ist sie als Dienstherrin gehalten, für ihre Mitarbeitenden und deren Arbeitszufriedenheit sowie Effizienz zu sorgen. Nur so ist zu gewährleisten, dass die Sozialsenatorin ihr Ziel sozialer Gerechtigkeit auch praktisch umsetzt und alle Hilfeempfängerinnen und -empfänger ihre Leistungen pünktlich und vollständig erhalten.

Im SoVD-Talk „Grundsicherung und Eingliederungshilfe – Hamburger Sozialämter vor dem Kollaps“ schilderte Sieglinde Frieß, stellvertretende Landesbezirksleiterin ver.di Hamburg, den Personalmangel, die hohe Fluktuation und unzureichende Unterstützung durch Software aus Sicht der Mitarbeitenden und Betroffenen: „Es darf nicht sein, dass in den Ämtern Mehrarbeit über die physischen und psychischen Grenzen hinaus geleistet wird.“ Denn das habe Folgen für die Beschäftigten wie auch die Betroffenen. „Die Kolleginnen und Kollegen können nicht so für die Menschen da sein, wie sie es gern wollen.“, so Frieß weiter. Die Aufgaben wachsen zwar – zum Beispiel in der Eingliederungshilfe durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) – doch Personal, Fortbildung und Bezahlung „halten nicht Schritt“. Auch die neue Software sei wenig dienlich, den zunehmenden „Fall“-Zahlen Herr zu werden: „Zwar wird derzeit nachjustiert. Wenn hier aber etwas verbessert wird, werden oft an anderer Stelle neue Löcher gerissen.“

Der Hamburger SoVD-Landeschef Klaus Wicher und Sieglinde Frieß warnen beide vor dem Kreislauf: „Weniger Personal und hohe Belastung gehen einher mit mehr Fluktuation und einem hohen Krankenstand. Das führt zu mehr Ausfällen und Mehrarbeit für die anderen“

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
Top bewertet bei Google
4,1 von 5 ★★★★★
264 Bewertungen