Was macht gute Pflege aus? Ganz sicher sind es viele Bausteine, die dabei ineinandergreifen. Zu einer guten Pflege gehört vor allem aber ein umfängliches Versorgungssystem, gute Arbeitsbedingungen und Entlohnung, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihren Job gern und im Sinne der Menschlichkeit machen und natürlich eine verlässliche Finanzierung. Doch wo gibt es Missstände und was kann getan werden, damit alle pflegebedürftigen Menschen gut betreut sind?
Zunächst formulierte die stellvertretende SoVD-Landesvorsitzende Brigitte Krebelder Forderungen des SoVD zum Thema gute Pflege. Dazu gehören unter anderem eine deutliche Erhöhung der Zahl der Prüfungen der ambulanten Dienste und Pflegeeinrichtungen. Zentral ist die aufsuchende Seniorenarbeit, die deutlich ausgebaut werden muss. Die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung der Pflegekräfte müssen deutlich verbessert werden, um dem Pflegenotstand entgegentreten zu können.
Pflegekritiker Klaus Fussek legte gleich zu Beginn des Abends den Finger in die Wunde und formulierte provokant: „Es hat sich nichts wirklich zum Besseren geändert!“ Wer eine gute Pflege wünsche, müsse dafür immer noch viel bezahlen. Außerdem kritisierte Fussek die schlechte Bezahlung der Pflegekräfte und dass in vielen Einrichtungen eine Atmosphäre der Angst herrsche: Kritische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssten um den Job bangen, auch Angehörige befürchten immer noch Nachteile bei der Pflege, wenn sie Missstände anzeigen.
Ver.di-Vertreterin Hilke Stein sieht eine der Ursachen hierfür in der schlechten Vernetzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untereinander und der mangelnden Organisation des Berufsstands. Die meisten Beschäftigten in der Pflegebranche sind Frauen, die in Teilzeit arbeiten, untertariflich bezahlt werden und keinen Betriebsrat haben. Stein sprach sich für eine Vernetzung zwischen Betroffenen und Pflegenden aus: „Da könnte ich mir einen Solidaritätspakt Senioren/Pflegekräfte vorstellen“.
Karl-Dieter Voß, Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschuss (SPA) im SoVD-Bundesverband, brandmarkte vor allem das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Pflege, dass eine Zwei-Klassen-Betreuung erst möglich macht. Er erneuerte die Forderung des SoVD nach einem einheitlichen System für alle: die Bürgerversicherung.
Pflegeheimleiter Dr. Hans-Jürgen Wilhelm stellte am Ende des Abends dann die Frage: „Wie viel würdevolle Pflege will sich unsere Gesellschaft eigentlich leisten?“ Er sieht vor allem die zunehmende Privatisierung des Pflegemarkts mit Sorge: „Pflege ist aber kein Verkaufsprodukt.“ Immer öfter stünde der Profitgedanke im Gegensatz zur Bedürftigkeit. Hier müsse auch die Gesellschaft ihren Blick auf das Thema ändern: „Wir müssen endlich akzeptieren, dass das Thema Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit existiert und den Mut haben, uns damit auseinander zu setzen.“
Kommentar:Wir hätten es begrüßt, wenn der Senat sich in den Rückkauf von PFLEGEN & WOHNEN mit einem eigenen Angebot eingebracht hätte, um die Pflege wieder in staatliche Obhut zu nehmen, so Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender SoVD Hamburg.