Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland (SoVD) in Hamburg, ist schockiert: „Im vergangenen Jahr wurden in unserer Stadt sechs Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet – so viele wie in den beiden Vorjahren zusammen. Das ist eine Kapitulation vor roher, sinnloser und meist männlicher Gewalt.“ 1.662 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wurden allein in der Hansestadt im vergangenen Jahr angezeigt, ein Plus von 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahl der schweren Sexualdelikte (wie Vergewaltigungen, sexuelle Nötigungen und Belästigungen) stieg sogar um 14,1 Prozent auf 857 Fälle an. „Diese Entwicklung zeigt mir, dass der Kampf der Geschlechter noch lange nicht beendet ist. Die Zahlen erschrecken mich zutiefst“, stellt Wicher fest.
„Keiner weiß, wie hoch die Dunkelziffer ist, aber ich befürchte, sie ist deutlich höher als die gemeldeten Fälle“, ahnt SoVD-Landesfrauensprecherin Susanne Langhagel. Auch deshalb begrüßt der Hamburger SoVD die Entscheidung des Senats, ein sechstes Frauenhaus zu bauen: „Wichtig wäre hier die Barrierefreiheit, denn es gibt mehr Frauen mit Behinderung, die Gewalt ausgesetzt sind, als man gemeinhin denkt“, sagt Langhagel.
Dass Gewalt an den körperlich schwächeren Frauen zum überwiegenden Teil in der Partnerschaft und im privaten Raum stattfindet, ist seit langem bekannt. „Wir brauchen hier deutlich mehr Prävention und die Stärkung von Selbstbehauptung und Selbstbewusstsein. Die Gesellschaft muss solche Taten öffentlich stärker ächten“, mahnt SoVD-Landeschef Wicher. Gemeinsam mit Langhagel fordert er vom Einzelnen mehr Mut, das Unangenehme auszusprechen: „Denn Partnergewalt ist keine Privatsache, sondern eine Menschenrechtsverletzung!“
Physische und vor allem psychische Gewalt wird Frauen auch am Arbeitsplatz und verstärkt in den sozialen Netzwerken angetan. „Es ist mir sehr wichtig, dass in diesen Fällen Frauen wissen, was sie machen müssen, um sich zu wehren. Viele von ihnen haben keine Ahnung, wer ihnen helfen kann, obwohl es in der Stadt eine ganze Palette an Angeboten gibt. Das muss sich bessern“, so Langhagel weiter.
Unter dem nachfolgenden Link finden Betroffene eine Liste mit Hilfsangeboten und Anlaufstellen:
Hilfsangebote und Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen und Frauen in Notsituationen
Hintergrund
Am 25. November mahnen Menschenrechtsorganisationen die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber Frauen und Mädchen an. Thematisiert werden dann Zwangsprostitution, sexueller Missbrauch, Sextourismus, Vergewaltigung, Zwangsheirat und weibliche Armut. Denn jede vierte Frau ist im Laufe ihres Lebens physischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt, meistens durch den eigenen Partner.