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Flüchtlingspolitik weiter denken

„Der Bund muss sich an der Finanzierung der Flüchtlingshilfe beteiligen, soll es nicht zu Kürzungen bei sozialen Leistungen auf Landesebene kommen“, mahnt der Landeschef des Sozialverbandes SoVD in Hamburg.

„Wenn Flüchtlinge nach Hamburg kommen, treffen sie auf eine ausgeprägte Kultur des Willkommens. Doch dies allein reicht auf Dauer nicht. Wir brauchen ausreichend Wohnraum auch für Flüchtlinge“, sagt Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender SoVD Hamburg. Bis zum Jahresende werden 31.000 Flüchtlinge in Hamburg leben und die brauchen ein festes Dach über den Kopf. „Wir brauchen jetzt einen Bedarfsplan, um uns nicht von Übergangslösung zu Übergangslösung, von Notunterkunft zu Notunterkunft zu retten. Notunterkünfte können wirklich nur erste Anlaufstellen sein und es ist richtig, dass die Unterkünfte in ganz Hamburg eingerichtet werden. Nur so lässt sich einer möglichen Ghettobildung mit all seinen Problemen entgegenwirken.“

Wicher spricht sich für Integrationskonzepte Wohnen aus, um nicht nur eine Erstaufnahme, sondern auch eine anschließende dauerhafte Unterbringung zu sichern. „Viele Flüchtlinge werden auf Dauer bleiben. Selbst bei angenommenen 40 Prozent sog. Balkanflüchtlinge, die derzeit fast vollständig abgeschoben werden, blieben noch ca. 19.000 Flüchtlinge, für die eine feste Unterkunft gebraucht wird. Angesichts des jährlichen Bevölkerungszuwachses von etwa 15.000 Haushalten (davon die Hälfte Ein-Personen-Haushalte), des nach wie vor überschießenden Bedarfs an öffentlich geförderten und preisgünstigen Wohnungen und einer Bauzeit von zwei bis drei Jahren bis zur Schlüsselübergabe, muss auf diesem Gebiet deutlich mehr geschehen – 2.000 Sozialwohnungen im Jahr reichen bei weitem nicht, um den Bedarf zu decken.

Wicher schlägt flexible Unterbringungskonzepte vor. So müsse bei einem möglichen Rückgang der Flüchtlingszahlen einmal eingerichteter Wohnraum nicht wieder aufgegeben werden. Gleichfalls werde vermieden, bei einem erneuten Zuwachs wieder hektisch nach provisorischen Lösungen suchen zu müssen. Leerstehender Wohnraum, leerstehende Gewerbeflächen sind schnellstens für eine feste Unterbringung herzurichten. Diese Wohnflächen könnten dann auch Obdachlosen zu Gute kommen.

Wicher: „Hamburg wie auch andere Bundesländer sind mit dem anhaltenden Flüchtlingsstrom finanziell überfordert. Der Bund muss sich wesentlich an der Finanzierung beteiligen, soll es nicht zu Kürzungen und Einsparungen beispielsweise bei der Kinderbetreuung und sonstigen sozialen Leistungen auf Landesebene kommen. Denn damit bestünde die große Gefahr, dass die Willkommenskultur und große Hilfsbereitschaft umschlägt in Fremdenfeindlichkeit.“

„Das Recht auf Wohnen und eine menschwürdige Unterbringung in Hamburg ist das eine. Doch eine Flüchtlingspolitik muss weiterdenken. Sie muss eine qualifizierte Beratung und Betreuung einsetzen, um die Menschen in den für sie ungewohnten und fremden Alltagsangelegenheiten zu begleiten und in unsere Gesellschaft zu integrieren. Kindern und Jugendlichen gegenüber haben wir eine besondere Verantwortung.“ Das vorhandene zivilgesellschaftliche Engagement muss gestärkt werden und die Politik ist aufgefordert, sich mit allen relevanten Gruppen wie Sozial- und Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Kirche an einen runden Tisch zu setzen, um gemeinsam Lösungen zu finden, wie die Integration gelingen kann.

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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