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Der SoVD hakt nach: Mehr Teil­habe, mehr Jugend­hilfe

Drei Fragen und Antworten mit Sabine Kümmerle, Geschäftsführung SOAL

Der SoVD Hamburg stellte drei Fragen an Sabine Kümmerle, Geschäftsführung SOAL.

SOAL e.V. bezieht nach eigener Aussage Position für eine starke, inklusive Kinder- und Jugendhilfe, die die Rechte der Kinder und Jugendlichen, mit und ohne Beeinträchtigungen, umsetzt. Wie ist die Situation in Hamburg?

Auf dem Papier sieht die Situation ganz gut aus. Die Regierungsparteien finden, sie haben einen tollen Job gemacht. Was aber in der Praxis geschieht, ist etwas völlig anderes. Wir haben in Punkto Kinderrechte eine Zweiklassengesellschaft. Kinder haben im Jugendhilfesystem nicht dieselben Chancen. Zwei Beispiele: Hamburg rühmt sich mit seiner Vorreiterrolle in der frühen Bildung in Kitas. Nach wie vor dürfen aber Kinder, deren Eltern keinen Job haben nur fünf Stunden in der Kita bleiben. Eine Ungleichbehandlung erfahren auch Jugendliche, die öffentlich untergebracht sind. Ihnen verwehrt die Finanzbehörde eine digitale Grundausstattung. Das sind verpasste Bildungschancen. Außerdem sehen wir immer mehr Kinder, die inklusive Betreuung brauchen. Theoretisch haben Kinder mit Behinderung ein Recht auf einen Kitaplatz. Tatsächlich dauert es Monate, bis die Bedarfe der Kinder überhaupt anerkannt werden. Und es fehlen Plätze und heilpädagogische Fachkräfte.

Was müsste Hamburg aus ihrer Sicht tun, um vor allem benachteiligte Familien besser zu fördern?

Der Druck auf die Familien wächst. Das Geld reicht nicht bis zum Monatsende, die Eltern sind überfordert. Der Bedarf nach Jugendhilfeleistungen steigt. Die Ausstattung in den Erziehungshilfen steigt nicht mit. Die Stadt muss sich dieser Realität stellen. Wir brauchen nicht noch mehr Konzepte, sondern konkrete, schnelle Unterstützung für die Einrichtungen vor Ort. Einrichtungen in armen Stadtteilen brauchen eine deutlich bessere Ausstattung für die Familienarbeit. Kita- und Schulsozialarbeit könnten helfen, viele Bedarfe präventiv aufzufangen. Es braucht gut ausgebildete Fachkräfte als Ansprechpartner:innen der Familien. Wir brauchen mehr Orte, an denen Familien sein dürfen ohne zu konsumieren. Offene Angebote müssen gestärkt werden, aber auch die Gesundheitsvorsorge vor Ort. Und natürlich braucht es bezahlbaren Wohnraum.

Wenn Sie sich bezüglich der Lebensperspektiven von Hamburger Kindern und Jugendlichen etwas wünschen dürften, was wäre das?

Gleiche Schutzbedingungen für alle Kinder. Ganz egal ob sie mit ihren Eltern nach Hamburg geflüchtet sind oder schon immer hier wohnen. Echte Teilhabe an Bildung unabhängig vom Elternhaus. Mitbestimmungsmöglichkeiten in allen Angelegenheiten, die Hamburger Kinder und Jugendliche betreffen, und genügend Erwachsene, die sie ernst nehmen und wirklich zuhören. Vor allem würde ich mir wünschen, dass in dieser reichen Stadt kein Kind mehr in Armut aufwachsen muss.

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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