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Der SoVD hakt nach: Gleichgestellt im Arbeitsleben?

Drei Fragen und Antworten mit Birte Weiß und Juli Avemark

Der SoVD Hamburg stellte drei Fragen an Birte Weiß, Leiterin des Arbeitsbereichs Antidiskriminierung von basis & woge e. V., und Juli Avemark, Projektkoordinatorin des Projekts read.

Seit 1991 gibt es das Gleichstellungsgesetz in Hamburg. Wie weit sind wir davon entfernt, eine gleichgestellte Gesellschaft im Arbeitsleben zu sein?

Wir sind immer noch weit von Gleichstellung entfernt. Das Gleichstellungsgesetz hatte zum Ziel, Benachteiligung von Frauen zu stoppen. Dazu ein paar Zahlen: 2023 lag der Gender Pay Gap unverändert bei 18 Prozent. Einbußen wegen Care-Arbeit sind in Hinblick auf Gehalt, Aufstiegsmöglichkeiten und Rente enorm. Der Anteil an Vätern, die Elternzeit nehmen, steigt zwar an, nach wie vor sind es jedoch meist Frauen, die im Anschluss an die Elternzeit in Teilzeit arbeiten oder die Pflege von Angehörigen übernehmen. Auch der Anteil von Frauen in Führungspositionen ist immer noch nicht gleichwertig. Nur 25,6 Prozent der Führungspositionen in Hamburger Unternehmen sind aktuell durch Frauen besetzt. Noch deutlicher werden die Zahlen, wenn zur Kategorie „Geschlecht“, noch weitere wie Herkunft, sozialer Status oder sexuelle Orientierung in den Blick rücken.

Zu welchen Themen gibt es bei read den größten Beratungsbedarf?

Wir beraten Menschen, die aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität benachteiligt werden. Im Projekt „amira“ geht es zudem um Diskriminierungserfahrung aufgrund von Herkunft und Religion. Im kommenden Jahr planen wir, die beiden Angebote unter einem Dach zu vereinen und dann als Antidiskriminierungsbüro Hamburg zu beraten. Die Problematiken sind vielfältig und reichen von fehlender Anerkennung des korrekten Namen- und Personenstands bei der Arbeit, über Beleidigungen oder herabwürdigendes Verhalten bis hin zur Benachteiligung in der Karriere aufgrund des Geschlechts.

Menschen mit Behinderung, die sich von der Hamburger Verwaltung zurückgesetzt fühlen, können sich seit 2023 an eine Schlichtungsstelle wenden. Sollte es nicht auch für die Vertretung für Gleichstellung und Antidiskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht, Sprache oder Religion etwas Vergleichbares geben?

Die Schlichtungsstelle ist aus unserer Sicht ein Gewinn und nötig für Hamburg, zumal das AGG bei öffentlichen Stellen nicht direkt anwendbar ist. Wir brauchen aber mehr Strukturen, die Diskriminierung entgegenwirken. Der vom Bund geförderte Aufbau des Antidiskriminierungsbüros für Hamburg ist ein wichtiger Schritt. Das Büro wird zukünftig auch die Themenbereiche Alter und Behinderung im Fokus haben. Wir beraten bei Diskriminierung, unterstützen bei Stellungnahmen, Beschwerden oder moderierten Gesprächen. Wenn notwendig, übernehmen wir auch die Rechtsberatung und die Begleitung von Klagen.

Der Verein basis & woge engagiert sich für Jugendliche, Frauen, Familien, Geflüchtete, queere und obdachlose Menschen sowie gegen sexualisierte Gewalt und Diskriminierung und ist seit Oktober in der Lübecker Straße 128, 22087 Hamburg, zu finden. Mehr Infos unter: www.basisundwoge.de und www.adb-hamburg.de.

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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