Der SoVD Hamburg stellte drei Fragen an Dr. Ingrid Breckner, Professorin i.R. für Stadt- und Regionalsoziologie.
Hamburg hat gerade einen Aktionsplan „Age-friendly City“ vorgestellt. Wird jetzt alles besser für Senior:innen?
Breckner: Zuerst einmal ist er eine Bestandsaufnahme, wo es überhaupt welchen Bedarf gibt. Allerdings fehlt es an realistischen Vorschlägen, wie das umgesetzt werden kann. Ein Beispiel: Auf der einen Seite wird festgestellt, dass Ältere möglichst in ihrem Quartier bleiben wollen. Wie das auf der anderen Seite angesichts der Wohnungsnot umgesetzt werden soll, dazu gibt es keinen konkreten Vorschlag. Zweites Beispiel: Mobilität. Für viele lohnt sich die Senior:innenkarte des HVV nicht, weil sie oftmals nur kurze Wege haben. Auch das findet sich nicht im Aktionsplan wieder. Ich habe den Eindruck, dass für dieses Konzept keine Fachleute der Altersforschung, sondern vor allem Statistiken herangezogen wurden.
Das Konzept steht, aber offenbar wird die Stadt kein eigenes Geld dafür ausgeben. Senatorin Fegebank setzt vor allem auf die Unterstützung ihrer Kolleg:innen aus den anderen Ressorts. Hat der Aktionsplan so eine Chance?
Breckner: Ich finde es unklug, einen Maßnahmenkatalog aufzusetzen, wenn die Umsetzung nicht gesichert ist. Das kann nur in Enttäuschung und Politikverdrossenheit münden. Wenn die Bürgerschaft sich nicht verbindlich dazu bekennt, wird er sang- und klanglos in der Schublade verschwinden. Ohne eigenes Budget wird dieser Plan nicht gelingen! Denn je nach Stand ihrer Infrastruktur, brauchen die Bezirke, in denen besonders viele Menschen mit kleinen Renten leben, als erste finanzielle Unterstützung. Ich finde, in Hamburg sind die Wahrnehmung und Sensibilität für die unterschiedlichen Lebensbedingungen der Älteren durchaus ausbaufähig. Ganz im Gegenteil dazu die Stadt Wien. Dort wird schon seit über 100 Jahren gezielt auf die Versorgung von vulnerablen Gruppen geachtet. Altersfreundlichkeit ist dort selbstverständlich und wird politisch immer mitgedacht.
Was muss Hamburg jetzt besser machen?
Breckner: Neben einem verbindlichen Bekenntnis des Senats zu mehr Altersfreundlichkeit, sollte Senatorin Fegebank die aktuellen Lebenslagen der Älteren in Hamburg untersuchen lassen. Für Senior:innen brauchen wir mehr Angebote, die einkommensunabhängig sind. Bezirke mit dem größten Bedarf müssen Priorität haben. Letztendlich haben alle Bewohner:innen in der Stadt etwas davon. Denn alles, das Hamburg dafür tut, age-friendly zu werden, ist auch für alle anderen gut: Singles, Familien und Kinder – alle hätten was davon.