„Wir müssen die Idee der Inklusion vom Kopf auf die Füße stellen und dafür sorgen, dass sie im Alltag umgesetzt wird. Das Bundesteilhabegesetz könnte ein Hebel sein. Doch der Entwurf vergibt die Chance, dass Menschen mit Handicap überall dabei sein können“, kritisiert Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender des SoVD Hamburg. Er kritisiert die „Halbherzigkeit“, die etwa freie Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer nur für Ämter und Behörden verordnen will: „Es bleiben Barrieren beim Gang zum Bäcker genauso wie beim Ausfüllen von Formularen. Wer Bedienungsanleitungen, Telefonverträge, Hinweise zur Steuerklärung oder Anträge für Sozialhilfe liest, muss manche Hürde im Kopf überwinden. Auch die Barrierefreiheit von Texten ist unabdingbar, dabei zu sein.“
Der SoVD Hamburg fordert nicht nur, die Leistungen für Betroffene zu verbessern. Auch die Bereitstellung soll einfacher werden. Das betrifft nicht nur den Antrag, sondern auch das, was beantragt wird. „Warum sollen Menschen mit Handicap nicht wie andere auch für ihr Alter vorsorgen. Heute dürfen Menschen mit Behinderung, die Eingliederungshilfe erhalten, nur 2.600 Euro besitzen. Das muss anders werden. Inklusion hat mit Sparbuch, Arbeit und Wohnen zu tun“. Wicher fordert, den ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Handicap stärker zu öffnen. Menschen mit Handicap sollen frei entscheiden können, wo sie leben wollen – ob im Heim oder Zuhause. Besonderes Augenmerk legt Wicher auf das im Entwurf beschriebene „Poolen von Leistungen“: „Schon der Begriff verstößt gegen das Gebot, sich verständlich auszudrücken. Wenn Hilfen für mehrere Betroffene gleichzeitig erfolgen, geht die Individualität verloren.“
Der SoVD Hamburg fordert daher u.a.:
- Die Wunsch- und Wahlrechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken. Auch für sie gilt das Recht, selbst zu entscheiden, wo, wie und mit wem sie wohnen und leben möchten. Wünsche nur unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu berücksichtigen, degradiert Menschen mit Behinderungen zu Menschen 2. Klasse.
- Wiederaufnahme von „Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben“ in den Leistungskatalog.
- Keine Bündelung von Leistungen gegen den Willen der Betroffenen (Zwangspoolen). Es darf kein Druck oder finanzieller Anreiz entstehen, Menschen vorrangig in Einrichtungen zu bringen – auch nicht mittelbar, indem z. B. bestimmte Angebote nicht angeboten werden.
- Behinderung darf nicht arm machen. Einkommen und Vermögen von Familien und Ehepartner müssen unberücksichtigt bleiben.
- Keine Kompetenzübertragung der Eingliederungshilfe auf die Länder, denn dies untergräbt gleichwertige Lebensverhältnisse der Menschen mit Behinderungen in ganz Deutschland.