Mit Sorge blickt der Sozialverband Deutschland (SoVD) Hamburg auf die aktuellen Arbeitsmarktzahlen für Juni 2025, die gestern von der Agentur für Arbeit vorgestellt wurden. Der Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,5 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahresmonat sowie die sinkende Zahl an Ausbildungsplätzen zeigt: Hamburg braucht endlich eine gezielte Arbeitsmarktpolitik statt statistisches Schulterzucken.
„Wenn die Arbeitslosigkeit in unserer Stadt steigt, dürfen wir das nicht einfach hinnehmen – schon gar nicht, wenn besonders verletzliche Gruppen betroffen sind“, mahnt Klaus Wicher, Vorsitzender des SoVD Hamburg. „Die Zahlen sind ein klares Warnsignal. Es reicht nicht, sie zu benennen – wir müssen jetzt etwas dagegen tun.“
Die Situation ist besonders kritisch für zwei Gruppen: junge Menschen unter 25 und ältere Erwerbslose über 55. Gerade diese beiden Altersgruppen haben es häufig besonders schwer, wieder in Beschäftigung zu kommen. Für den SoVD Hamburg ist das nicht akzeptabel. „Wer jung ist, will eine Perspektive. Wer keine Perspektive hat, radikalisiert sich nicht selten. Wer über 55 ist, hat ein Recht auf soziale Teilhabe und ein existenzsicherndes Einkommen. Es ist eine politische Bankrotterklärung, dass wir in einer reichen Stadt wie Hamburg keine wirksamen Brücken in den Arbeitsmarkt bauen können“, so Wicher. Einsparungen bei Beschäftigungsträgern und in der Förderung von Langzeitarbeitslosen durch Land und Bund seien zudem völlig kontraproduktiv. „Gerade jetzt bei denjenigen zu kürzen, die am meisten Unterstützung brauchen, das ist sozialpolitisch unverantwortlich“, kritisiert Wicher. Die Folge: Projekte, die langzeitarbeitslosen Menschen durch Qualifizierung und betreute Beschäftigung eine reale Perspektive bieten könnten, werden eingestellt oder massiv heruntergefahren. „Diese Kürzungen untergraben nicht nur die soziale Teilhabe und schwächen soziale Projekte in den Quartieren, sie verschärfen auch das Problem am Arbeitsmarkt – statt es zu lösen.“
Besonders besorgniserregend ist zudem die stagnierende Zahl offener sozialversicherungspflichtiger Stellen. Mit nur 14.642 gemeldeten Jobs wurde der niedrigste Stand des laufenden Jahres erreicht – ein klares Zeichen, dass Hamburger Unternehmen aktuell zu zögerlich bei Neueinstellungen sind. „Ein funktionierender Arbeitsmarkt braucht keine prekären Aushilfsjobs, sondern sichere, tarifgebundene Arbeit mit Zukunft“, meint Wicher.
Der SoVD Hamburg sieht mehrere Stellschrauben für eine nachhaltige Verbesserung:
- Gezielte Förderprogramme für Ältere und Jüngere: Ältere Erwerbslose brauchen Qualifizierung statt frühzeitiger Abschreibung. Junge Menschen brauchen Ausbildungsplätze und verlässliche Übergänge in den Beruf – gerade auch in sozialen und klimabezogenen Branchen.
- Stärkung der öffentlichen Beschäftigung: Wenn der private Arbeitsmarkt schwächelt, muss der Staat gegensteuern. „Es braucht wieder öffentliche Beschäftigungsprogramme mit sozialer Wirkung – in der Pflege, in der Bildung, in der Quartiersarbeit“, so Wicher.
- Mehr Druck auf Unternehmen zur Schaffung guter Arbeit: Hamburg braucht verbindliche Vereinbarungen zur Schaffung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, insbesondere im Dienstleistungsbereich. „Ansetzen kann die Stadt vor allem auch bei den rund 400 Unternehmen, an denen sie Beteilungen hat und innerhalb der Verwaltung“, sagt Wicher.
- Bessere Beratung und Unterstützung durch die Jobcenter – und nicht weniger: Der SoVD fordert mehr individuelle Beratung statt standardisierter Abläufe. „Menschen brauchen echte Unterstützung – keine Drohkulisse oder Warteschleifen“, sagt Wicher.
„Hamburg darf sich nicht auf konjunkturelle Entwicklungen verlassen. Was wir brauchen, ist eine sozial gerechte und aktiv gestaltende Arbeitsmarktpolitik, die alle mitnimmt – und niemanden zurücklässt“, so Wicher.