„Die Langzeitarbeitslosigkeit ist in Hamburg deutlich angestiegen. Ich warne seit langem vor dieser Entwicklung und befürchte, dass sich hier ein Sockel von Arbeitslosigkeit festsetzt, den wir nicht mehr abbauen können.“, mahnt Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender Sozialverband Deutschland (SoVD) in Hamburg.
In Sachen Arbeitsmarktzahlen ist Hamburg bisher mit einem blauen Auge davongekommen: Trotz Corona bleibt die Beschäftigung stabil, etwas über eine Million Menschen sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Gleichzeitig waren im Mai 2021 83.895 Hamburger*innen ohne Job. 52.689 von ihnen, und damit 62,8 Prozent aller Betroffenen, waren zusätzlich auf Grundsicherung angewiesen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Vor allem bei den Langzeitarbeitslosen sieht es düster aus: Aktuell sind knapp 29.400 Menschen in der Hansestadt länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet. Mit einem Anstieg innerhalb eines Jahres um 56,4 Prozent trifft die schwierige Arbeitsmarktlage diese Personengruppe am schmerzhaftesten. Wicher ahnt, dass dies noch nicht das Ende der Fahnenstange ist: „Mehr als ein Drittel Langzeitarbeitslose – das sollte die Politik als Weckruf sehen. Hier hat Hamburg in der Vergangenheit deutlich zu wenig unternommen. Ich erinnere da an die Beschäftigungsträger in der Stadt, die mit ihren abgestimmten Angeboten und Projekten kompetent und niedrigschwellig dafür sorgen, dass die Betroffenen neue Jobperspektiven bekommen. Sie brauchen endlich eine verlässliche Unterstützung und Finanzierung.“
Langzeitarbeitslosigkeit treffe heute mehr und andere Menschen als früher: „Klar ist, dass eine fehlende berufliche Qualifikation genauso für Langzeitarbeitslosigkeit sorgt, wie das Alter oder ein Migrationshintergrund. Besonders tragisch finde ich aber, dass vermehrt auch junge Leute lange Zeit ohne Job sind.“, so Wicher.
Er fordert, Langzeitarbeitslosigkeit differenzierter anzugehen: „Entsprechend dem Alter und den Lebensbedingungen muss es unterschiedliche Förderung geben. Zum einen mit Coaching für diejenigen, denen es schwer fällt wieder in einen Arbeitsalltag zu kommen. Ältere brauchen Unterstützung, wenn es um neue Arbeitsabläufe geht. Ihre Fähigkeiten und Lebenserfahrung werden viel zu wenig wertgeschätzt. Wir müssen an dieser Stelle unsere Sichtweisen ändern: Das was die Jüngeren an Energie und Einsatz mitbringen, können Ältere durch ihre Erfahrung locker wettmachen. Beides hat seine gleichwertige Berechtigung auf dem Arbeitsmarkt!“