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Altersarmut in Hamburg

Am zum 20. Oktober 2016 sprach Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzender SoVD Hamburg, über Herausforderungen an eine soziale Gesellschaft im Gewerkschaftshaus.

Nur die gesetzliche Rente ist sicher


Klaus Wicher, 1. Landesvorsitzende des Hamburger Sozialverband Deutschland (SoVD), bedankt sich vor Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern bei dem Landesbezirksleiter von ver.di, Berthold Bose, für seine Initiative, die Gewerkschaften des DGB, Sozialverbände und Kirchen an einen Tisch geholt zu haben, um das Thema Altersarmut und dessen Bekämpfung in Hamburg anzugehen. Mit einem kenntnisreichen Vortrag über Ursachen, Auswirkungen und Gegenstrategien der Demontage der gesetzlichen Rente durch die Politik und interessierte Wirtschaftslobbyisten. Darüber, wie man Altersarmut bekämpft und vermeidet.

Wicher macht deutlich, dass der von der Politik eingeleitete Wechsel von der Stabilität der Rente hin zu einer Stabilität der Rentenbeiträge rückgängig gemacht werden muss und kann. Ansonsten wird in naher Zukunft eine deutlich steigende Zahl der Rentenbeziehenden darauf angewiesen sein, von einer „Mindestrente“, der Grundsicherung, zu existieren. Das Leben von „der Stütze“ würde zum Normalfall. Davor sind weder Riesterrente noch Betriebsrenten oder andere Ansparmodelle mittelfristig in der Lage zu schützen; denn die Zinserträge auf dem Kapitalmarkt werden anhaltend niedrig bleiben. 

Altersarmut hat ein Gesicht: Es ist weiblich und allein.


Die Mehrheit der schlecht bezahlten Frauenerwerbstätigkeit, aber auch prekäre, atypische Beschäftigung, wie Leiharbeit, Teilzeitbeschäftigung, Beschäftigung im Niedriglohnbereich, Beschäftigung in beitragsgeminderten Mini-Jobs und Midi-Jobs, befristete Beschäftigungsverhältnisse, Zeitarbeit, oder auch für sehr viele die Solo-Selbständigkeit führen nach den z.Zt. geltenden Regeln zwangsläufig in die Armut im Alter. Von einer Lebensstandardsicherung kann hier keine Rede mehr sein!

Selbst ein später Berufseinstieg, lange Studienzeiten, häufige Praktika, Unterbrechungen der Erwerbsarbeit und Erwerbslosigkeit sowie geminderte Erwerbsfähigkeit werden sich bitter bemerkbar machen. „Auszeiten“ für Kindererziehung und häusliche Pflege bergen große Risiken für den eigenen Anspruch auf Rente.

Diese Merkzeichen einer egoistischen Ellenbogengesellschaft sind gesetzlich vorgegeben: Wir haben ein kontinuierlich sinkendes Rentenniveau – von aktuell 47,7 % geht es bis 2030 hinunter auf 43 %. Ein lebensstandardsicherndes Rentenniveau wurde aber jahrzehntelang erst bei 53 % gesehen und auch so praktiziert.

Die Forderungen des SoVD lauten:
 

  • Stufenweise Wiederanhebung des Rentenniveaus.
  • Mehr sozialversicherungspflichtige, fair bezahlte Arbeitsplätze und insbesondere eine bessere Bezahlung von Frauen im Erwerbsleben.
  • Besserstellung von ALG I- und ALG II-Beziehenden bei der Rentenberechnung.
  • Streichung der Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente.
  • Höhere Freibeträge beim Bezug von Grundsicherung.
  • Bei prekär Beschäftigten Berechnung des Rentenanspruchs wieder nach Mindestentgeltpunkten, mindestens für die Phase vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns.

Kurzfristig könnte und müsste Hamburg die aufsuchende Seniorenarbeit aus- und weiter aufbauen, mehr kostenfreie haushaltsnahe Dienstleistungen anbieten, die bezirklichen Seniorenberatungsstellen und -treffs ausbauen, den ÖPNV für Bedürftige kostenfrei stellen, keine Stromabstellungen zulassen und die Wohn- und Pflegeaufsicht ausbauen.  

Am Ende beantwortete Klaus Wicher die Frage, was kostet der Spaß?


Wir reden hier für den Bund von 30 bis 36 Mrd. Euro. Aber das sei machbar; denn die jährlichen Einnahmen der Rentenversicherung betragen bereits ansehnliche 280 Mrd. Euro. Mit der Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen, wie der Mütterrente, aus Steuermitteln, der Einsparung zukünftiger Riesterförderung und einer Beitragssatzanhebung um z.B. 2 Punkte sei es möglich, die Altersarmut zu reduzieren und ein lebensstandardsicherndes Rentenniveau zu finanzieren.

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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