Knapp 17.500 junge Menschen haben in diesem Jahr ihre berufliche Ausbildung gestartet. Laut Hamburger Arbeitsagentur entschieden sich fast 12.000 für ein Handwerk, weniger als die Hälfte, nämlich 5.410 Jugendliche, wählten einem sozialen Beruf: „Der Fachkräftemangel ist überall spürbar. Wir brauchen nicht nur Azubis in Handel und Handwerk, auch die Sozial- und Gesundheitsberufe warten auf mehr Rückenwind. Sonst werden Mitarbeitende in Heimen, Kitas, Schulen, bei Pflegediensten oder in Krankenhäusern schon bald zur Mangelware“, mahnt Klaus Wicher.
Allein der Blick auf die Pflege verdeutliche bereits jetzt, wie sich der Bedarf an qualifiziertem Personal zukünftig entwickeln könnte. Wicher orientiert sich dabei an der 2021 erschienenen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zum Beschäftigungsbedarf in der Pflege bis 2035. In Hamburg zählte sie 2019 in der Pflege rund 32.560 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. In Sachen Jobangebote lag die Hansestadt damit auf dem allerletzten Platz, sogar in Berlin und Bremen gibt es mehr Stellen in der Pflege: „Hamburg ist vor allem Standort für Produktion, Gewerbe und Handel – dementsprechend gibt es viele Ausbildungsangebote aus diesen Bereichen“, sagt Wicher. Ganz anders dagegen die Zahlen in der Pflege: Von den rund 11.500 Vollzeitstellen müssen bis 2035 durch altersbedingte Abgänge und erhöhte Nachfrage rund 7.500 Stelle neu besetzt werden: „Das sind mehr als 65 Prozent des heutigen Bestands! Umso wichtiger ist es, die dazuzählenden Berufsgruppen zu fördern, attraktiv zu machen, und zwar vor allem für junge Menschen, damit sie sich dazu entscheiden, ihren Beruf in diesen Bereichen zu ergreifen“.
Der Personalbedarf in sozialen Berufen ist nicht auf Heime und Ältere begrenzt. Laut Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung fehlen allein bei der frühkindlichen Erziehung in Hamburg 4.000 Fachkräfte: „Der Allgemeine Soziale Dienst in Hamburg ist überlastet. Sozialarbeiter:innen fehlen in Obdachlosenunterkünften, in Justizvollzugsanstalten und Resozialisierungseinrichtungen, in Sozial- oder Gesundheitsämtern, bei der Schuldnerberatung. Der gesellschaftliche Bedarf ist schon jetzt und mehr als da! Umso wichtiger ist es, diese Berufe gesellschaftlich aufzuwerten. Wir brauchen eine größere Nachfrage nach sozialen Berufen. Pfleger:innen und Erziehende, Sozialarbeiter:innen oder Therapeut:innen brauchen mehr Anerkennung für ihre Leistung, und zwar in Form von fairer Entlohnung und besseren Arbeitsbedingungen. Dann steigt auch die Akzeptanz für Job und Ausbildung“.