Der SoVD Hamburg stellte drei Fragen an Heiko Kunert, Vorsitzender der Hamburger Landesarbeitsgemeinschaft für behinderte Menschen (LAG).
Mit Blick auf das Thema Mobilität in Hamburg: Warum ist die Teilhabe von Menschen mit Behinderung immer noch nicht uneingeschränkt möglich?
Von einer umfassenden Mobilität für alle Hamburger:innen sind wir weit entfernt. Fahrgastinformationen müssten z.B. nach dem Zwei-Sinne-Prinzip gestaltet sein, um für seheingeschränkte und hörbeeinträchtigte Menschen gleichermaßen zugänglich zu sein. Doch digitale Anzeigen und Apps sind oft nicht barrierefrei, akustische Ansagen fehlen, und taktile Leitsysteme sind lückenhaft. Diese Defizite widersprechen Artikel 7 des Hamburgischen Behindertengleichstellungsgesetzes (HmbBGG), der eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am ÖPNV garantiert. Nur durch barrierefreie Informationen kann Mobilität für alle verwirklicht werden.
Viele Menschen nutzen inzwischen digitale Bezahlmöglichkeiten. Warum ist dies nicht für alle Menschen eine Option?
Der zunehmende Digitalzwang erschwert die Teilhabe zusätzlich, da Fahrkartenautomaten durch schwer zugängliche Apps ersetzt werden, während analoge Alternativen verschwinden. Digitale Bezahlmöglichkeiten, wie Prepaidkarten im Bus oder Bezahlen per App, sind insbesondere für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen oder sehbehinderte Menschen keine Option. Die Nutzung solcher Systeme erfordert technisches Verständnis und die Fähigkeit, komplexe Prozesse, wie das Einrichten von Apps oder das Merken von Passwörtern, zu bewältigen. Viele Apps sind nicht intuitiv gestaltet und überfordern. Fehlende Alternativen, wie Bargeldzahlung, erschweren Teilhabe und Autonomie. Barrierefreie und einfache Lösungen sind daher dringend notwendig, um niemanden auszuschließen.
Wenn Sie sich bezüglich der Verbesserung von Mobilität in Hamburg für alle etwas wünschen dürften, was wäre das?
Ich wünsche mir, dass barrierefreie Mobilität in Hamburg zur Selbstverständlichkeit für die Verantwortlichen wird. Barrierefreiheit sollte kein Sonderfall, sondern der Standard sein, der bereits bei der Planung vollumfänglich mitgedacht wird und von dem alle profitieren – nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Ältere, Eltern mit Kinderwagen oder Reisende mit Gepäck. Eine konsequent umgesetzte barrierefreie Mobilität fördert die Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben, schafft mehr Komfort und stärkt Hamburgs Vorbildfunktion als inklusive und zukunftsorientierte Stadt.