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Wege in eine gerechte Zukunft

Armutsgipfel 2025: Wir brauchen eine neue soziale Agenda!

Am 15. Oktober fand in Hamburg der erste Armutsgipfel statt – ausgerichtet vom SoVD Hamburg in Kooperation mit dem Mieterverein Hamburg, dem DGB Hamburg und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband. Im Saalhaus der Patriotischen Gesellschaft ging es im Schwerpunkt um das Thema Wohnen.

Das gab es so in Hamburg noch nie: Vier große Verbände haben sich zusammengeschlossen, um auf ein drängendes gesellschaftliches Problem aufmerksam zu machen. Armut soll gemäß der UN-Agenda 2030 in fünf Jahren der Vergangenheit angehören, doch davon ist Hamburg weit entfernt. Jedes vierte Kind und jede:r fünfte Einwohner:in gelten bereits jetzt als arm. Vor allem in Städten ist ein zentraler Motor von sozialer Ungleichheit und Armut das Wohnen. Mit Blick auf dieses Thema tauschten sich Expert:innen, Vertreter:innen der Politik und rund 180 Teilnehmende aus dem Publikum unter dem Motto „Wege in eine gerechte Zukunft“ aus. Zu Gast war auch SoVD Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. In ihrem Grußwort betonte sie: „Wohnen ist ein Menschenrecht und muss für jeden bezahlbar sein.“ Die Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft von den Grünen, Mareike Engels, sprach aus, was vielen auf den Nägeln brennt: „Armut ist auch ein Risiko für unsere Demokratie.“ Kristin Alheit, Geschäftsführende Vorständin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Hamburg, mahnte: „Politik versucht, auf abgehobenem Niveau Dinge zu verändern. Das funktioniert nicht. Menschen mit Armutserfahrung müssen gehört werden.“ Eine von Ihnen ist Erika Heine. Sie erklärte: „Wir werden nicht ernstgenommen, es herrscht viel Willkür. Das Hilfesystem ist keine Hilfe, es ist ein strafendes System. Dabei wollen wir helfen, Lösungen zu finden.“ 

Klaus Wicher, Vorsitzender des SoVD Hamburg, kennt die Probleme und beschrieb den Teufelskreis der Armut. „Armut ist nicht nur ein Zustand, sondern ein sich selbst verstärkender Prozess“, erklärte er. „Wir brauchen strukturelle Maßnahmen, wir müssen den Zugang zu Bildung verbessern, soziale Sicherungssysteme stärken und die Teilhabe benachteiligter Gruppen sichern.“ 

Für Dr. Rolf Bosse, Geschäftsführer und Vorsitzender des Mieterverein zu Hamburg, ist Wohnen die neue soziale Frage und ein Paradigmenwechsel notwendig. Aufgabe des demokratischen Staates sei es, bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. „Das hat die Stadt Wien mit ihren Gemeindewohnungen geschafft, die für ihre Lebensdauer in der sozialen Bindung bleiben und insgesamt die Mietpreise dämpfen.“ Da die Zeit drängt, müsse es erst einmal dringend einen Mietenstopp geben. Tanja Chawla, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Hamburg, wies darauf hin, dass die Mieten nicht mehr als ein Drittel des Gehalts „auffressen“ dürften. Deshalb sind für sie die Anhebung des Mindestlohns sowie die Tarifbindung wichtige Lösungswege. 

Ulrich Schneider, Senior Expert und langjähriger Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, kritisierte scharf, dass auf politischer Ebene völlig hemmungslos mit populistischen Falschaussagen gearbeitet wird. „Irgendetwas wird schon in den Köpfen der Menschen hängenbleiben, auch wenn Fakten die Aussagen widerlegen“, so Schneider. „Der Verteilungskampf wird immer schmutziger. Dass wir uns die Armutsbekämpfung nicht leisten können, stimmt einfach nicht.“

In Foren und einer Diskussionsrunde mit Vertreter:innen aus der Politik wurde anschließend zu verschiedenen Teilaspekten der Armutsbekämpfung rege diskutiert. Das Fazit des Gipfels: Viele Lösungsansätze sind bekannt, aber es braucht den politischen Willen. Am Ende verabschiedeten die Veranstalter:innen eine gemeinsame Abschlusserklärung als Appell an die Politik. „Mit Senat und Bürgerschaft müssen Ausstiegsszenarien entwickelt werden, um Wege aus der Armut zu ebnen. Aus der Bürgerschaft gibt es bereits erste Stimmen, diesen Weg mitgehen zu wollen“, so Wicher.

Bildergalerie: Armutsgipfel 2025

Abschlusserklärung: Armutsgipfel 2025

SoVD Sozialverband Deutschland e.V., Landesverband Hamburg
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